Aufgefallen sein wird das kleine, schmale Häuschen an der Obergasse in Echterdingen sicher schon vielen. Doch die wenigsten wissen, was es damit historisch auf sich hatte. Wir haben uns erkundigt...

Leinfelden-Echterdingen - Sie ist ein echter Hingucker und ein rares Schmuckstück. Die Rede ist von der Hopfendarre an der Obergasse 21 in Echterdingen. Das war nicht immer so. Denn das hohe, schlanke Häuschen drohte einst zu zerfallen und damit für immer aus dem Ortsbild von Echterdingen zu verschwinden. Dann wäre das Gebäude, das voller Geschichte und Geschichten steckt, selbst Geschichte gewesen.

 

In dem Gemäuer schlummert eine Historie, die wohl hauptsächlich ältere Einwohner oder Historiker kennen dürften. Das Häuslein wurde nämlich eine Zeit lang zum Trocknen von Hopfen genutzt; dieser wurde dann anschließend zur Weiterverarbeitung an die Brauereien geliefert.

Ein seltenes Relikt auf den Fildern

Der Hopfenanbau wurde in Echterdingen Anfang der 1880er Jahre eingeführt und endete Mitte der 1930er Jahre. 1933 gab es noch etwa zehn Bauern in Echterdingen, die auf einer Fläche von 76 Ar Hopfenstöcke angebaut haben. 1893 wurde in Echterdingen ein Zweigverein des Deutschen Hopfenbauvereins gegründet.

Die Hopfendarre an der Obergasse ist ein seltenes Relikt auf den Fildern, denn alle anderen Darren sind verfallen oder ab-gebrochen worden. Erbaut wurde das Hopfentrockenhaus mit verstellbaren Lüf-tungsschlitzen 1885 von dem Schmied Christian Howald. Im Erdgeschoss befand sich eine Mosterei, in den Geschossen darüber wurde Hopfen getrocknet.

In den 1960er Jahren wurde das Häuschen für baufällig erklärt. „Das gesamte Gebäude war krumm und windschief und sollte eigentlich eingerissen werden“, berichtet der ehrenamtliche Leiter des Stadtmuseums, Wolfgang Haug. Dass die Darre heute doch in ihrer ursprünglichen Schönheit erstrahlt, ist dem heutigen Besitzer Karl Wenger zu verdanken. Wenger erkannte den heimatgeschichtlichen Wert der Darre und richtete sie in mühevoller Eigenarbeit zwischen den Jahren 1966 und 1970 wieder her. Jüngst investierte Wenger aus eigenen Mitteln erneut eine fünfstellige Summe für einen neuen Anstrich der Darre. „Damit die Öffentlichkeit sich weiter daran erfreuen kann“, sagt Wenger. Denn einen Nutzen hat das Häuschen für ihn und seine Familie nicht; es ist nicht bewohnbar. Zudem darf die Darre nicht umgebaut oder eingerissen werden. Die Hopfendarre steht unter Denkmalschutz.

Heute ist es eine Abstellkammer

Das dreigeschossige Gebäude dient Wenger deshalb als Abstellkammer für allerlei Gerätschaften, darunter auch ein Hopfentrockengestell und Hopfenmaß aus der Zeit des Hopfenanbaus. Auf das Denkmalamt ist Wenger nicht gut zu sprechen. Der pensionierte Werkzeugmacher fühlt sich in seinem Bestreben, heimatgeschichtliches Kulturgut zu bewahren, alleine gelassen. „Mein Engagement ist nie gewürdigt worden, Zuschüsse habe ich nie erhalten“, sagt er. Es gebe unzählige Vorgaben seitens des Amtes, aber keinerlei Unterstützung.

„Verschwinden die Denkmäler, verschwindet auch ein Teil unserer sichtbaren Heimatgeschichte“, warnt auch Wolfgang Haug. Die Denkmale seien greifbare Erinnerungen an die Vergangenheit. Haugs Bemühungen als Stadtrat, das Gebiet für die Echterdinger Ortskernsanierung weiter zu definieren, um möglicherweise überforderte, private Besitzer denkmalgeschützter Häuser zu unterstützen, scheiterten. Das Resultat: „Viele erhaltungswürdigen, historischen Gebäude liegen außerhalb der Ortskernsanierung und werden nicht mit öffentlichen Mitteln bezuschusst“, sagt Wolfgang Haug.

Er besitzt mehrere denkmalgeschützte Häuser

Karl Wenger scheint unterdessen mit dem Thema abgeschlossen zu haben. Er besitzt neben der Hopfendarre weitere denkmalgeschützte Gebäude, wie die historische Nagelschmiede (erbaut 1881) und ein Wohnstallhaus aus dem Jahr 1760. Die drei Objekte bilden eine Sachgesamtheit beim Landesdenkmalamt. In der Liste der Kulturdenkmale heißt es: „An seiner Erhaltung besteht insbesondere aufgrund seines exemplarischen und dokumentarischen Wertes ein öffentliches Interesse.“

Sowohl die Nagelschmiede als auch die Hopfendarre sind zudem Stationen des historischen Pfades Echterdingen, den viele Touristen beschreiten. Auf gelben Schildern finden sich Informationen zu den alten Gebäuden. „Ich wurde in der Vergangenheit oft von Touristen beschimpft, weil die Nagelschmiede verwahrlost und nicht hübsch genug sei“, berichtet Karl Wenger. Eine den Auflagen des Denkmalschutzamtes konforme Sanierung der Gebäude kommt für Karl Wenger allerdings nicht in Frage. Der 76-Jährige ist seit einem schweren Unfall gesundheitlich schlicht nicht mehr dazu in der Lage. Wenger möchte nun, dass die gelben Hinweisschilder abmontiert werden.