Der Ortshistorische Verein Stuttgart-Vaihingen hat sich in seinen von der Firma Lapp gesponsorten Räumen im Synergiepark eingerichtet. Mit seinen Kostbarkeiten wollen die Mitglieder bald Wanderausstellungen bestücken.

Vaihingen - Das Archiv des Ortshistorischen Vereins Vaihingen liegt versteckt im Synergiepark. „Andreas Lapp hat uns die Räume zur Verfügung gestellt“, sagt der Vereinsvorsitzende Folkmar Schiek. Er hat bei Schwabenbräu seine Ausbildung zum Industriekaufmann abgeschlossen, danach Personalwirtschaft studiert und parallel dazu eine Mentorenausbildung gemacht. Seit 2010 arbeitet er selbstständig als Bestatter, Mediator und Coach. „Mein Herzblut hängt aber an Kunst und Geschichte“, sagt er. 2015 war Folkmar Schiek die treibende Kraft bei der Gründung des heute 57 Mitglieder, darunter drei Ehepaare, zählenden Ortshistorischen Vereins.

 

Das Archiv nimmt keine Leihgaben an

„Das Archiv umfasst alles, was uns zum Stadtbezirk als unser Eigentum zur Verfügung gestellt wird. Leihgaben nehmen wir nicht“, sagt Folkmar Schiek. Die Sammlung umfasst Dokumente und Gegenstände. „Die ältesten Dokumente beziehen sich auf die 1875/76 gegründete Brauerei Widmaier und die wenige Jahre später gegründete Brauerei Schwabenbräu.“ Zu den Dokumenten zählen auch Fotos.

„Unser größter Kunstschatz sind 274 Büsten und Modelle der Vaihinger Künstlerin Hanne Schorp-Pflumm (1929-1990). Sie sind in unser Eigentum übergegangen. Zu den Büsten zählen Konterfeis von Lothar Späth, Walter Scheel, Arnulf Klett, Ida Kerkovius und Thaddäus Troll, aber auch ein Entwurf für das Zwei-Mark-Stück mit dem Porträt Konrad Adenauers.“ Weil Hanne Schorp-Pflumm auch in Äthiopien gearbeitet hatte, steht neben Plastiken, die einfache Äthiopier zeigen, auch eine Büste des 1973 gestürzten und als Negus bezeichneten äthiopischen Kaisers Haile Selassie im Vaihinger Archiv. „Wir sind momentan im Gespräch, dass das Stadtmuseum im Wilhelmspalais eine dieser Büsten bekommt.“

Apropos Stadtmuseum und Stadtarchiv: „Wir haben vereinbart, dass alles, was Vaihingen anlangt, zu uns geht. Wenn aber ein Gegenstand aufwendig restauriert oder ein Dokument speziell klimatisiert werden muss, damit es nicht zerfällt, dann sind die Profis vom Stadtmuseum am Zug.“

Konzentration auf die Ortsgeschichte

Die Konzentration aufs 19. Jahrhundert bis heute liegt an der Ortsgeschichte. Bis ins 19. Jahrhundert war der Charakter dörflich. „Allerdings hatte Vaihingen den größten Weinanbau auf den Fildern“, sagt Folkmar Schiek. Mit den Brauereien seien auch Industriebetriebe wie Vollmoeller, das Schamottewerk Ruppmann und eine Webstuhlfabrik gekommen. Der Viehhändler Haug war nicht nur deutschlandweit, sondern auch über die Grenzen hinaus tätig. Mit der Eisenbahn und der Elektrifizierung bekam Vaihingen so langsam den Charakter eines Stuttgarter Industrievororts.

„Heute mokieren wir uns über die angeblich moderne und etwas verrückte Idee, die Fildervororte und das Zentrum mit einer Seilbahn zu verbinden. Schwabenbräu hatte bereits um 1870 eine Seilbahn hinunter bis zum Stuttgarter Bahnhof“, sagt Folkmar Schiek. Die Brauereibesitzer und die Unternehmer im Ort seien auch als Spender hervorgetreten. „Drei von ihnen haben die Glocken der Stadtkirche und den Brunnen vor dem Rathaus gestiftet. Sie waren auch königliche Kommerzienräte“, sagt Folkmar Schiek.

Heimatmuseum scheitert unter anderem an den Kosten

Ein weiteres wertvolles Instrument für die Forschung im Verein ist das Ortssippenbuch: „Es ist ein großes Buch, in dem alle alten Vaihinger Familien verzeichnet sind. Das nutzen wir für die Ahnenforschung.“ Auch bei den Familien selbst werde der Verein immer wieder fündig: „Bei einem Besuch haben wir neulich Fotos von Vaihingern gefunden, die 1905 in China an der Niederschlagung des Boxer-Aufstands beteiligt waren“, sagt Schiek. Bereits im Besitz des Archivs befinden sich Leiterwagen und Gegenstände wie Lanzen, die Kinder in den Umzügen der Heimatfeste durch den Ort gezogen und getragen haben. Ein Foto vom Vaihinger Heimatfest 1968 zeigt Hanne Schorp-Pflumm in Kostümierung. „Sie hat sich auf den Heimatfesten engagiert.“

Als Zukunftsziel sieht der Verein ein eigenes Heimatmuseum. „Wir existieren erst seit drei Jahren, ein Museum können wir im Moment weder personell noch finanziell schultern“, sagt Folkmar Schiek. Deshalb denke man an andere Strategien. Wir wollen Exponate auf Wanderausstellungen präsentieren, zum Beispiel im Schwabenzentrum.