Das ehemalige Fahrradfachgeschäft Speiche in Stuttgart-Vaihingen steht leer. Hätte die Verwaltung mit dem Kauf des Gebäudes manches Problem im Ort lösen können?

Stadtleben und Stadtkultur : Alexandra Kratz (atz)

Vaihingen - Die Speiche hat zu. Seit Anfang September hat Vaihingens ältestes und größtes Fahrradfachgeschäft geschlossen. Der Inhaber Ulrich Gennermann hat sich zur Ruhe gesetzt und keinen Nachfolger gefunden. Für die Menschen im Stadtbezirk war schon allein das eine schlechte Nachricht. Noch angespannter wurde jedoch die Stimmung, als Gerüchte umgingen, dass das Haus an der Robert-Leicht-Straße 2 verkauft, abgerissen und das Grundstück dann neu bebaut werden soll – „mit einem eintönigen Klotz für teure Wohnungen“ hieß es vor einiger Zeit am Rande der offiziellen Auftaktveranstaltung zur Sanierung und Revitalisierung des Vaihinger Marktes. Auch in der jüngsten Sitzung des Bezirksbeirats kam das Thema zur Sprache. Christa Tast (Grüne) kritisierte, dass das Haus und Grundstück mittlerweile an einen Investor gegangen seien und nun abgerissen werden soll.

 

Im Ort hätte es so viele wünschenswerte Nutzungen gegeben

Rückendeckung bekommt die Grünen-Bezirksbeirätin von der neuen Vaihinger Betreuungsstadträtin der SPD, Lucia Schanbacher. Sie kritisierte, dass die Stadt ihr Vorkaufsrecht nicht genutzt und selbst das Gebäude erworben habe. Denn das hätte sie tun können, weil der Vaihinger Ortskern ein Sanierungsgebiet ist und mit Fördermitteln aus dem Bund-Länder-Programm Soziale Stadt – Investitionen im Quartier aufgewertet werden soll. „In Vaihingen hätte es so viele mögliche Nutzungen für das Gebäude gegeben“, sagt die Sozialdemokratin und nennt einige Beispiele: So platze das Eltern-Kind-Zentrum Müze an seinem Standort an der Ernst-Kachel-Straße aus allen Nähten. Die städtische Musikschule suche händeringend mehr Räume, der Polizeiposten brauche einen neuen Ort, und auch im Bezirksrathaus sei es eng.

Die SPD-Gemeinderatsfraktion greift das Thema in einem Antrag auf. Das Vorkaufsrecht der Stadt in einem Sanierungsgebiet sei eine Chance für den Ort, heißt es dort. Es biete Möglichkeiten „der Neugestaltung, der Schaffung von städtischem Wohn- und Aufenthaltsraum für alle Menschen“. Vor allem das Letztere sei Mangelware in Stuttgart und „ein drängendes, so oft festgestelltes Problem in der Landeshauptstadt“, schreibt die Gemeinderatsfraktion. Im Falle des ehemaligen Fahrradgeschäfts Speiche sei das Gebäude zudem sehr zentral und ortsprägend.

Die SPD fordert einen Bericht

Die SPD fordert die Verwaltung nun auf, in der nächsten Sitzung des Ausschusses für Stadtentwicklung und Technik zu berichten, warum sie das Gebäude nicht erworben hat. Darüber hinaus will die Partei wissen, ob und wie sie geprüft habe, welche Bedarfe es im Sanierungsgebiet Vaihingen 4 gibt, und zu welchem Ergebnis man gekommen sei. Schließlich fragt die SPD, inwiefern die Menschen im Stadtbezirk, der Bezirksvorsteher und der Bezirksbeirat in die Entscheidung einbezogen worden seien, das Haus an der Robert-Leicht-Straße nicht zu kaufen.

„Dass die Vaihinger Ortsmitte ein Sanierungsgebiet ist, hat seine Gründe. Und dass die Stadt ihr Vorkaufsrecht nicht genutzt hat, ist aus meiner Sicht eine vertane Chance“, sagt Schanbacher. Ein Gebäude an so einer prominenten Stelle hätte man sich nicht wegkaufen lassen dürfen, findet die Betreuungsstadträtin und ergänzt: „Und dass die Vaihinger selbst nicht in den Prozess einbezogen wurden, ist nicht in Ordnung.“