Bin Laden lebt und hinter Barça steckt die Mafia – José Mourinho wittert dunkle Mächte. Damit liegt er derzeit voll im Trend.

Stuttgart - José Mourinho hat unlängst einen bösen Verdacht ausgesprochen: Der Fußball ist unterwandert von finsteren Mächten - dubiose Dunkelmänner sorgen dafür, dass der FC Barcelona dauernd gewinnt. Es ist also nicht der beste Fußball der Welt, der die Messis, Xavis und Iniestas so stark macht, sondern das Wirken verschwörerischer Kräfte im Hintergrund. Eine schwarze Liste von Schiedsrichtern hat der Trainer von Real Madrid erstellt und gefragt, warum die immer für Barcelona pfeifen - "warum Stark, warum Övrebö, warum Busacca, warum de Bleeckere?" "Warum?", rätselt Mourinho.

 

Keiner ahnt es, nur er: weil Barca für die Unesco wirbt, darf Barca siegen. Am Dienstag hat ihm die Uefa deshalb wieder Frank de Bleeckere an den Hals gejagt, wieder war Barcelona erfolgreich, hat den Einzug ins Champions-League-Finale geschafft, und Mourinho ist spätestens jetzt der Popstar aller Verschwörungsideologen, Konspirationstheoretiker und Komplottfanatiker, also einer Menschengruppe, die gewaltigen Zulauf hat - und ohne die wir Leichtgläubigen keinen Schimmer hätten, was auf dieser Welt wirklich läuft.

Beispielsweise wollen uns die Amerikaner weismachen, dass sie Osama bin Laden erschossen haben - dabei ist der, wie alle Verschwörungsexperten wissen, entweder schon vor zehn Jahren an Nierenversagen verstorben oder aber er lebt auf einer unentdeckten Insel vor Afrika und spielt Playstation mit Elvis und Jim Morrisson, der sich dort als "Mr. Mojo" versteckt. Lange hat auch Roy Black ("Ganz in Weiß") dazugehört, aber den hat bin Laden inzwischen als Gotteskrieger in eine Dschihadzelle in Landshut eingeschleust, und zur Tarnung pfeift Roy Black unter dem Pseudonym "Wolfgang Stark" jetzt Fußballspiele.

Ist die ganze Welt ein Schwindel?

Jedenfalls kommen die Komplottexperten kaum nach beim Verfassen von Bestsellern mit ihrem verblüffenden Hintergrundwissen, denn immer mehr Menschen glauben nicht mehr an Gott und die Welt, ja nicht einmal mehr an die Wirklichkeit. Auf die Frage, "Glauben Sie, dass die US-Regierung die Anschläge vom 11. September selbst in Auftrag gab?", antwortet spätestens jeder Dritte mit Ja, seit ein investigativer Spürhund aufgedeckt hat, dass schon vor den Anschlägen die Adresse www.wtc2001.com im Internet registriert wurde. Es hat sich dann zwar herausgestellt, dass sich hinter dem "wtc" nicht das World Trade Center, sondern die World Track Championships verbargen, also die WM im Bahnradfahren - aber ein anständiger Verschwörungsideologe lässt sich durch solche Rückschläge nicht davon abbringen, dass George W. Bush und Dick Cheney die Terrorflugzeuge damals eigenhändig in die Zwillingstürme gesteuert haben.

Ein Komplottfanatiker durchschaut alles und huldigt dem Prinzip: Der Blinde glaubt nur, was er sieht. Wer wissen will, ob John F. Kennedy von der Mafia, texanischen Ölbaronen, dem CIA, KGB, Ku-Klux-Klan oder von Fidel Castro erschossen wurde, fragt am besten den Filmregisseur Oliver Stone ("J.F.K.") - die Schar der Hintermänner war jedenfalls so unübersichtlich, dass der Schriftsteller Stephen Ambrose einmal schrieb, für ihre konspirativen Treffen hätte man den New Yorker Madison Square Garden mieten müssen. Womit wir wieder beim Sport sind. Auch da, lehrt uns Mourinho, ist nichts, wie es scheint. Außerdem hat in der Zeitung "Folha de Sao Paulo" der frühere Fifa-Präsident Joao Havelange an ein abgekartetes Spiel bei der WM 1966 erinnert - gegen seine Brasilianer seien damals "nur englische und deutsche Schiedsrichter" zum Einsatz gekommen. "Warum?", fragt Joao.

Verschwörungstheorien und das 'Warum'

Da ist es wieder, dieses Warum, das Joao und José vereint und uns zwingt, unsere Leichtgläubigkeit abzulegen. Wenn wir den Faden dort aufnehmen, wo ihn die Verschwörungstheoretiker fallen lassen, muss beispielsweise die Geschichte des Wembleytors 66 neu geschrieben werden: Verpfiffen wurden unsere Beckenbauers nicht von einem Basler Postbeamten namens Dienst, vielmehr verbarg sich hinter diesem Gottfried ein von der Stasi eingeschleuster Schläfer, der später als "Guillaume" auch noch Bundeskanzler Brandt stürzte.

Im Übrigen war Diego Maradona bei der WM 94 nicht gedopt. In Wahrheit gibt es gar kein Doping, geschweige denn einen Maradona - die Medien haben ihn als Horrorfigur erfunden, um Auflage zu machen. Auch Pelé war nur ein grandioser Marketinggag der TV-Industrie, um in den 50er Jahren den Verkauf von Fernsehgeräten anzuleiern - und schon gar nicht hat es das "Wunder von Bern" gegeben oder den "Geist von Spiez", es handelte sich dabei vielmehr um den Flaschengeist infolge einer Schnapsidee des alten Fuchses Adenauer, um uns kriegswunden Deutschen das Selbstwertgefühl zurückzugeben und das Wirtschaftswunder anzukurbeln. Alles Lug und Trug, sogar Muhammad Ali. Die CIA hat diese Figur frei erfunden und aufgebaut zum großmäuligen Kriegsdienstverweigerer und Konvertit, um die Angst vor dem Islam zu schüren und die Kriege ums arabische Öl vorzubereiten - es hat Ali nie gegeben, so wenig wie seinen linken Jab.

Gibt es im Boxen überhaupt einen linken Haken?

Ja. Wenigstens das ist gesichert, dank der Mondlandungen der Amerikaner. Damals kamen Gerüchte auf, die vermeintlichen Helden seien nach dem Start der Rakete mit dem Fallschirm über der Wüste Nevadas gleich wieder abgesprungen und die Mondlandungen anschließend ins Szene gesetzt worden in einem Trickfilmstudio der Traumfabrik Hollywood. Der Filmemacher Bart Sibrel stellte den Astronauten Edwin ("Buzz") Aldrin dazu eines Tages zur Rede, verlangte einen Schwur auf die Bibel und fragte ungefähr: Warum geben Sie nicht zu, dass Sie nie auf dem Mond gewesen sind?

Da war es wieder, dieses bohrende Wort: Warum?

Buzz hat darauf die bisher sportlichste Antwort gegeben: mit einem linken Haken ans Kinn schoss er den Zweifler in die nächstbeste Umlaufbahn.