Mit Propheten, behaupten gute Köpfe, unterhält man sich am besten drei Jahre später. Drei Jahre? Im Fußball genügen drei Wochen – oder drei Stunden. Was im Moment als sicher gilt, ist morgen der Schnee von gestern – und selbst für die Bayern ist alles anders, wenn sich Robben, Ribery und Alaba über Nacht verletzen.

 

Nicht wir sind schuld, sagen die Experten, der Fußball ist schuld, dass alles anders kommt, er spielt verrückt. Hätte einer vermutet, dass der Frankfurter Manager Bruno Hübner seinen wichtigsten Spieler Alex Meier, den Torschützenkönig der Saison, wegen seiner Ruhepausen rüffelt: „Das ist die Kröte, die wir schlucken müssen“? Oder dass Emir Spahic mit einer Kopfnuss gegen einen Stadionordner seine Leverkusener Karriere beendet? Oder dass Marco Reus für jahrelanges Fahren ohne Führerschein 540 000 Euro blechen muss? Wegen der Häufung solcher Vorfälle kursieren inzwischen schon verantwortungslose Scherze wie dieser:„Unser neuer Star ist aus Afrika“, sagt ein Kicker zu seiner Frau. „Wo ist Afrika?“, fragt sie. Darauf er: „Ich weiß nicht, aber weit kann es nicht sein, denn er geht nach dem Training immer zum Essen nach Hause.“

In der Bundesliga ist neuerdings alles möglich, nicht nur ein Ex-Präsident auf Freigang. „Du bist ab sofort Trainer“, sagte im HSV-Chaos plötzlich der Sportdirektor Peter Knäbel zu sich selbst. „Ist gut, Peter“, nickte Knäbel. Zwei Wochen später hat er sich dann wieder entlassen.

Meinungswechsel sind geradezu erwünscht

Solche Momentaufnahmen jagen sich gegenseitig. Schon letzte Saison beklagte der Bayern-Chef Karlheinz Rummenigge die „absurden Meinungswechsel“, diese Aneinanderreihung von Wackelbildern des Augenblicks. Als Guardiola in München als Trainer anfing, wurde er angehimmelt als Taktikgott und Tiki-Taka-König, der den Fußball seines Vorgängers Jupp Heynckes virtuos verfeinert und die Bayern zur besten Mannschaft der Welt macht, mit den meisten Punkten, dem höchsten Ballbesitz und den schönsten Spielerfrauen. Und nun? Über Nacht ist er nur noch ein Mensch, oder sagen wir es mit Barcelonas Torwart Marc-Andre Ter Stegen, der über Lionel Messi eisern behauptet: Auch er muss jeden Tag auf die Klobrille hocken. Letztes Jahr der Flop gegen Real, jetzt gegen Barça, und schon hat Pep nur noch halb so viel Pep. Guardiolas Visionen? Die ersten Nörgler zitieren Altkanzler Helmut Schmidt, der als „Schmidt-Schnauze“ sagte: „Wer Visionen hat, muss zum Arzt.“ Aber zu welchem? Der Doc ist fort.

Wer noch da ist, ist Matthias Sammer. Aber wenn der Sportdirektor jetzt freudig erregt Bilanz zieht („Wir müssen nichts schönreden, das war eine fantastische Saison, etwas Außergewöhnliches“) fragen sich viele: Was ist verrückter – dass er das sagt, oder dass wir es glauben?

Selbst neulich, nach dem Aus im Pokal, war noch klar, dass weniger als das Double gar nicht in Frage kommt. Auf dem Flug zum 0:3 in Barcelona sprach der Markenbotschafter Paul Breitner Klartext und wurde hinterher mit den Mia-san-Mia-Worten zitiert: „Hallo? Wo sind wir denn? Der FC Bayern kann sich nur selbst schlagen. Wenn unsere Mannschaft zweimal Normalform erreicht, dann kommen wir ins Finale.“ Mit einer Überzeugungskraft soll er es vorgetragen haben, wie man das nicht mehr erlebt hat, seit Kaiser Wilhelm II. sagte: „Das Auto ist eine vorübergehende Erscheinung. Ich glaube an das Pferd.“

Der Prophet widerlegt sich im Fußball gerne selbst

Mit Propheten, behaupten gute Köpfe, unterhält man sich am besten drei Jahre später. Drei Jahre? Im Fußball genügen drei Wochen – oder drei Stunden. Was im Moment als sicher gilt, ist morgen der Schnee von gestern – und selbst für die Bayern ist alles anders, wenn sich Robben, Ribery und Alaba über Nacht verletzen.

Nicht wir sind schuld, sagen die Experten, der Fußball ist schuld, dass alles anders kommt, er spielt verrückt. Hätte einer vermutet, dass der Frankfurter Manager Bruno Hübner seinen wichtigsten Spieler Alex Meier, den Torschützenkönig der Saison, wegen seiner Ruhepausen rüffelt: „Das ist die Kröte, die wir schlucken müssen“? Oder dass Emir Spahic mit einer Kopfnuss gegen einen Stadionordner seine Leverkusener Karriere beendet? Oder dass Marco Reus für jahrelanges Fahren ohne Führerschein 540 000 Euro blechen muss? Wegen der Häufung solcher Vorfälle kursieren inzwischen schon verantwortungslose Scherze wie dieser:„Unser neuer Star ist aus Afrika“, sagt ein Kicker zu seiner Frau. „Wo ist Afrika?“, fragt sie. Darauf er: „Ich weiß nicht, aber weit kann es nicht sein, denn er geht nach dem Training immer zum Essen nach Hause.“

In der Bundesliga ist neuerdings alles möglich, nicht nur ein Ex-Präsident auf Freigang. „Du bist ab sofort Trainer“, sagte im HSV-Chaos plötzlich der Sportdirektor Peter Knäbel zu sich selbst. „Ist gut, Peter“, nickte Knäbel. Zwei Wochen später hat er sich dann wieder entlassen.

Meinungswechsel sind geradezu erwünscht

Solche Momentaufnahmen jagen sich gegenseitig. Schon letzte Saison beklagte der Bayern-Chef Karlheinz Rummenigge die „absurden Meinungswechsel“, diese Aneinanderreihung von Wackelbildern des Augenblicks. Als Guardiola in München als Trainer anfing, wurde er angehimmelt als Taktikgott und Tiki-Taka-König, der den Fußball seines Vorgängers Jupp Heynckes virtuos verfeinert und die Bayern zur besten Mannschaft der Welt macht, mit den meisten Punkten, dem höchsten Ballbesitz und den schönsten Spielerfrauen. Und nun? Über Nacht ist er nur noch ein Mensch, oder sagen wir es mit Barcelonas Torwart Marc-Andre Ter Stegen, der über Lionel Messi eisern behauptet: Auch er muss jeden Tag auf die Klobrille hocken. Letztes Jahr der Flop gegen Real, jetzt gegen Barça, und schon hat Pep nur noch halb so viel Pep. Guardiolas Visionen? Die ersten Nörgler zitieren Altkanzler Helmut Schmidt, der als „Schmidt-Schnauze“ sagte: „Wer Visionen hat, muss zum Arzt.“ Aber zu welchem? Der Doc ist fort.

Wer noch da ist, ist Matthias Sammer. Aber wenn der Sportdirektor jetzt freudig erregt Bilanz zieht („Wir müssen nichts schönreden, das war eine fantastische Saison, etwas Außergewöhnliches“) fragen sich viele: Was ist verrückter – dass er das sagt, oder dass wir es glauben?

Held oder Depp? Das ist heutzutage eine Frage von Tagen – oder Stunden. Muss Bruno Labbadia hofiert oder beschimpft werden? Die Antwort muss noch eine Woche warten. Nichts hat über den Tag hinaus Gültigkeit im rasanten Tempofußball.

Deshalb brauchen wir die Sachverständigen, denn nur sie kennen die verschlungenen Wege des rollenden Balles in die Zukunft: Wird Schalke aus so vielen Möglichkeiten weiterhin so wenig machen? Werden die Traditionsclubs vollends überrollt von VW, Audi und nächstes Jahr dann Red Bull? Und wie fad wird der Meisterkampf 2016 – ist es womöglich spannender, an einer Haltestelle auf den Bus zu warten? Viele Fragen sind am Ende der Saison also noch offen, vor allem die letzte: Wer holt den Pokal, Wolfsburg oder Dortmund? Für die richtige Antwort braucht man Abitur oder muss Experte sein – in einem ähnlich kniffligen Fall soll einmal die Wiener Legende Hansi Krankl auf die Frage, was ihm zu Toulouse-Lautrec einfalle, geantwortet haben: „Das sind zwei hervorragende Mannschaften, ich tippe auf Unentschieden.“

Verlängerung also. Und Elfmeterschießen. Und der Letzte verliert beim Anlauf die Hose.