Fußball-Trainer haben es schwer. Man sieht es bei Michael Oenning oder Felix Magath – aber vor allem bei Werner Lorant.
Stuttgart - Holger Stanislawski ist neulich nach dem Sieg seiner Hoffenheimer fix und foxi gewesen. Man hat ihn nur noch stammeln und stöhnen hören: "Ich brauch jetzt einen Kaffee." Womit spülen sich andere Trainer ihren Beruf von der Seele?
Bei Michael Oenning, der wandelnden HSV-Tragödie, wollen wir es besser gar nicht wissen. Auch bei Stale Solbakken hilft gegen die Aufregung kein stilles 4711 Kölnisch Wasser mehr, der Freiburger Marcus Sorg und Hannovers Mirko Slomka haben sich nach ihren jüngsten Tobsuchtsanfällen zur Betäubung vermutlich auch nicht nur einen Klosterfrau Melissengeist eingeschenkt, und Felix Magath gießt sich neuerdings in seiner Wut nach dem Schlusspfiff einen Teebeutel mehr als sonst hinter die Binde - aber was der geprügelte Lorant ganz dringend braucht, ist ein doppelter Steinhäger.
Werner ("Beinhart") Lorant hat früher einmal die Münchner Löwen gebändigt, laut, locker und stets halbwegs lustig - doch dieser Tage kippt der Traumberuf bei ihm ab ins Gegenteil. Man hat fast Mitleid mit dem alten Maestro, der innerlich flucht wie ein Bierkutscher: Etwas mürrisch steht er mitunter vor seiner Südtiroler Berghütte und staucht, wenn es pressiert, wie ein Schafshirte seine störrischen Esel und dummen Kühe zusammen.
Die Alm - ein Aufgangbecken für Möchtegernstars
"Halt den Ball flach!" hat er gleich beim Einzug einen seiner Mithäftlinge, pardon: Insassen, geschwind bedient. Mit dem "Checker" teilt Lorant ein Zimmer. "Checker" fühlt sich berühmt, seit er in "Deutschland sucht den Superstar" mitsingen durfte, aber als er Lorant jetzt die Bettdecke klauen wollte, hat er Glück gehabt, dass der Beinharte ihn nicht zu 20 Liegestützen verdonnerte. "Werner", meckert "Checker", "kommandiert die ganze Zeit rum."
"Die Alm" heißt die Reality-Show auf Pro7, aber böse Zungen sprechen eher von einem Auffanglager für Möchtegernstars und C-Promis, ein gestrauchelter Moderator ist dabei, ein Schrotthändler, ein Busenwunder oder Tessa, die bekannt wurde, indem sie in einem Model-Wettbewerb der Jury den Stinkefinger zeigte - mit acht dieser Berühmten lebt Lorant jetzt wie die Bergbauern vor 100 Jahren, sie bewirtschaften zwei Wochen lang ihren Hof und erklären uns, was der Unterschied zwischen Proll-TV und Trash-TV ist, nämlich keiner.
Trash heißt Mist, und den riechen wir noch daheim auf dem Fernsehsofa. Lorant muss höllisch aufpassen, dass er nicht von der brühwarmen Kotwurst getroffen wird, die einer seiner Mitbewohner der Kuh unter dem Schwanz wegnimmt und durch den Stall wirft - ansonsten duscht der Trainer in eiskaltem Wasser, mistet aus und schläft auf einer Strohmatratze - womit wir jetzt nicht Gina-Lisa meinen, die bekannt ist aus "Germany's Next Topmodel".
Bei Lorant hat der Albtraum die Grenze überschritten
Gina-Lisa wird nicht so richtig warm mit Werner, dabei kennt sie ihre Fußballer, mit VfB-Verteidiger Arthur Boka war sie schließlich lange genug zugange. Aber der war kein Grantler wie dieser Kasernenhof-Werner. "Größere Brüste gefallen mir auch, aber es muss noch zum Körper passen", mäkelt er an Gina-Lisa herum, und die rächt sich genervt: "Der schreit den ganzen Tag."
Einmal Trainer, immer Trainer. Dieser Job ist zum Schreien, der Druck wird immer schlimmer, man sieht es an Felix Magath, der jede Woche mit dickem Hals und geschwollenen Beinen die Sau raus und Dampf ablässt. Gina-Lisa kann froh sein, dass nicht Magath auf der Alm ist, sonst müsste sie auch noch Medizinbälle vor sich herschleppen.
Lorant ist in der untersten Liga angekommen
Neulich hat er schier seine Trainerbank zerlegt, als der Schiedsrichter ihm das Wolfsburger Tor gegen die Bayern stahl. "Das war ein Fehler", sagt der Schiedsrichter am Ende, geht nach Hause, legt seine Pfeife in Essig und Öl, und am Samstag drauf geht es weiter.
Lorant war einmal Kult, nun ist er vereinslos
Die Schiedsrichter kommen immer wieder. Die Trainer nicht unbedingt. Sie leben auf Abruf, von Samstag zu Samstag. Der Stress ist grässlich. Von wegen Traumjob. Bei Lorant hat der Albtraum die Grenze vollends überschritten - zum Almtraum.
Lorant war einmal Kult, aber inzwischen ist er nicht mehr nur vereinslos, sondern laut "Bild" sogar mittellos, und das kurz vor der Rente. Zur Scheidung kam die Insolvenz, das Haus hat man ihm zwangsversteigert, und als ihm Pro7 dann die Bleibe auf der Almhütte anbot, bei freier Kost und Logis und dazu noch einem Schmerzensgeld von angeblich bis zu 70.000 Euro, hat Lorant eingecheckt, und ohne Augenzucken hält er es seither mit Gina-Lisa, die unzimperlich sagt: "Ich tu da die Kacke wegmachen."
Beim Untertitel der Alm-Show - "Promischweiß und Edelweiß" - hätte Pro7 beim Schweiß das "W" jedenfalls weglassen können, und die Niveauforscher streiten sich, was im Fernsehen inzwischen weniger grausam ist: die Selbstentblößung oder die Volksverblödung.
Lorant ist in der untersten Liga angekommen
Wie denkt Werner Lorant darüber? Die Antwort hat er auf dem Kopf: seine Haare. Sie stehen ihm zu Berge da oben in 1776 Meter Höhe, wo einem schwindlig werden kann.
Vor lauter Eseln, Geißen und Schafsköpfen weiß man in dieser dünnen Luft irgendwann gar nicht mehr, was Mensch und was Vieh ist, und Lorant muss aufpassen, dass er beim Melken nicht die Euter der Kuh verwechselt - übrigens hat Gina-Lisa gebeichtet, dass sie sich auch Botox unter die Stirn hat spritzen lassen.
So sind diese Almabende. Aber gefährlich wird erst der Lagerkoller. Der, ahnt Lorant als alter Trainerhase, kommt nächste Woche - und kopfschüttelnd ist er jetzt schon mal mit dem verzweifelten Seufzer in die Hütte getrottet: "Ja, ja, ja, ja, ja."
Soviel zum Stress eines Trainers. Aber wenigstens ein Trost bleibt Werner Lorant: er ist jetzt in der untersten Liga - von dort aus droht kein Abstieg mehr.