Oßweil war bereits 900 Jahre alt, als Ludwigsburg gegründet wurde. Deshalb wird jetzt der 1200. Geburtstag gefeiert, mit einem großen Festwochenende im Juli – und einer Festschrift, die schon jetzt erhältlich ist.

Ludwigsburg - Da ist der Gemeinderat neulich eigens nach Straßburg gefahren, um sich Züge des Bus-Rapid-Transit-Systems anzusehen. Dabei hätte ein Blick in die Ludwigsburger Historie auch sehr aufschlussreich sein können: Schon Anfang des 20. Jahrhunderts verkehrte eine sogenannte gleislose Oberleitungsbahn zwischen Aldingen, Hoheneck und dem Ludwigsburger Bahnhof. Und damals war sogar Oßweil schon an dieses Stadtbahnnetz angeschlossen. Nachzulesen ist das in der Festschrift, die anlässlich der 1200-Jahr-Feier im Stadtteil erschienen ist.

 

Oßweil war bereits 900 Jahre alt, als Ludwigsburg gegründet wurde. Die Stadtteilbewohner verweisen gern darauf. Dennoch habe das einstige Dorf Ludwigsburg einiges zu verdanken, schreibt Kai Naumann, der Leiter des Redaktionsteams der Festschrift, in einem Beitrag. Da war zum einen die Nähe zur Militärgarnison, die dafür sorgte, dass Oßweil – anders als die meisten Gemeinden im Großraum – im 19. Jahrhundert nicht verarmte. Auch die Eingemeindung, die übrigens wegen des Anschlusses an jene gleislose Oberleitungsbahn forciert und 1922 realisiert wurde, habe sicher die notwendige Modernisierung mit sich gebracht, schreibt Naumann. Im Übrigen sei Oßweil bei allem Wandel zumindest landschaftlich nahezu unversehrt geblieben. Die Zahl der Einwohner hat sich zwischen 1950 und 1988 verdoppelt: Heute leben 10 800 Menschen in dem Stadtteil.

Die Originalurkunden gibt es nicht mehr

Das Redaktionsteam der Festschrift als auch die Veranstalter des Festreigens im Jubiläumsjahr sind noch bis 2015 davon ausgegangen, dass die 1200er-Marke erst 2017 erreicht sein wird. Es gab widersprüchliche Hinweise auf die erste urkundliche Erwähnung des Weilers. Dabei handelt es sich um eine Schenkungsurkunde an das Kloster Murrhardt. „Es gibt da nur Abschriften, und die sind schwer zu lesen“, sagt Naumann. „Die Originalurkunden sind verloren gegangen. Seit dem Frühjahr 2015 aber steht fest, dass das Datum 816 ist“, sagt Naumann. So mussten sich die Macher der Festschrift mächtig sputen, um zeitig drucken zu können. Im Resultat sieht es nun aus, als wäre das gar kein Problem gewesen, weil viele Oßweiler bereit standen, um endlich ihre Fotos, Anekdoten und Erinnerungen zur Stadtteilgeschichte beisteuern zu können.

So haben die eifrigen Heimatforscher die Geschichte der Vereine, Kirchen und Schulen ebenso festgehalten wie die der Feuerwehr, des Militärs in der Flakkaserne oder die berühmter Oßweiler wie August Lämmle, Ernst Bauer oder Walter Veyle.

Der Stadtteil hieß einst „Golgatha“

Eine wichtige Epoche hat Wolfgang Könninger dargestellt, indem er erzählt, welche Folgen das hatte, was man im Frühmittelalter „Schenkung“ nannte. Denn den mit dem kleinen Weiler Oßweil „beschenkten“ Mönchen des Klosters Murrhardt war damit die Aufgabe übertragen, daraus ein Dorf zu machen. Politische Verschiebungen zwischen Kirche und Adel führten dazu, dass das Kloster um 900 hohe Abgaben an die Obrigkeit – in diesem Fall das Bistum Würzburg – zahlen mussten.

In jener Zeit konnte das nur heißen: es müssen weitere Flächen für die Landwirtschaft ausgewiesen werden. Und dafür wiederum brauchte es viele Hände. Im Zuge dieser Agrarwende im Kleinen wurden viele Menschen umgesiedelt, um auf den Feldern rund um Oßweil zu arbeiten. Dadurch entstanden viele landwirtschaftliche Betriebe, die aber schutzlos waren. So kam es zum Bau des Oßweiler Schlosses und der Holderburg. Sie sollten den Menschen Zuflucht vor Feinden bieten.

Wie wohl alle kleineren Gemeinden hatte auch Oßweil um 1900 einen Spitznamen – und der ließ nichts Gutes erwarten: Der heutige Stadtteil war als „Golgatha“ verrufen. Offenbar seien die Bewohner damals „sehr rabiat“ gewesen, heißt es in einem Artikel von Hans Holzwarth. Es habe damals im Ort nicht nur unverhältnismäßig viele Lokale gegeben, die jungen Männer seien auch schnell handgreiflich geworden.

Rockkonzert und Umzüge

Jubiläumsjahr
– Ein historisch ganz genaues Datum für die 1200-Jahr-Feier gibt es nicht, darum hat das Festkomitee für den Oktober eine große Festwoche mit Rockkonzerten, einem Familienfest und großem Festakt terminiert. Am 16. Oktober wird es den ersten verkaufsoffenen Sonntag im Stadtteil geben. Zuvor, am 5. Juni, werden die Oßweiler mit einem Wagen am Pferdemarktumzug teilnehmen und im Juli ein Wochenende lang im Stadtteil feiern: Am Samstag, 2. Juli, steigt ein Seifenkistenrennen, und am Sonntag, 3. Juli, zieht von 14 Uhr an ein Festumzug durch den Teilort.

Festschrift
– „1200 Jahre Oßweil – 816 bis 2016“ wird vom Bürgerverein herausgegeben. Der Band ist 190 Seiten stark und enthält viele Fotos und Zeichnungen. Das Buch zum Jubiläum ist kostenlos und liegt in den meisten Geschäften im Stadtteil auf.