An Ostern hat die Familie Bauer Hochsaison: Sie sind Pioniere in der Haltung von Kaninchen. Das Fleisch gilt als gesund und klimaneutraler als Schweineschnitzel, Rindersteak oder Hähnchenkeule. Aber es schmeckt nicht jedem – aus einem bestimmten Grund.

Böblingen: Kathrin Haasis (kat)

Michael Bauer hat einen besonderen Bezug zum Osterhasen: Sein Familienbetrieb in der Hohenlohe ist einer der größten Kaninchenzüchter in Deutschland. Das Fleisch gilt als gesund und umweltfreundlich – hat aber ein Imageproblem.

 

Herr Bauer, an Ostern bringt der Hase die Eier, wird er zudem gern gegessen?

Vor Ostern verkaufen wir dreimal so viel wie in einer normalen Woche. Aber wir züchten Kaninchen, nicht Hasen.

Was ist der Unterschied?

Der große Unterschied ist, dass Hasen Nestflüchter sind, die mit Fell und offenen Augen zur Welt kommen, und Kaninchen Nesthocker sind, die nackt geboren werden und ihre Augen erst nach acht Tagen öffnen. Der Feldhase gehört zur Gattung Wild, den gibt es beim Jäger, er hat rotes Fleisch. Wildkaninchen gibt es in unserer Gegend nicht, weil wir keinen Sandboden haben. Kaninchen haben ein weißes Fleisch.

Wie sind Sie auf das Kaninchen gekommen?

Früher hatten wir noch Schweinezucht, seit 1984 konzentrieren wir uns ganz auf die Kaninchen. Wir sind Pioniere auf dem Gebiet geworden, haben die Bodenhaltung für sie entwickelt. Aktuell wollen wir einen Außenauslauf bauen. Das hat sich bisher niemand getraut. Bei diesen Projekten arbeiten wir mit Universitäten und unserem Partner Kaufland zusammen. Das Kaninchen ist ein Nischenprodukt, deshalb gibt es zu seiner Haltung kaum Forschung. Viele Betriebe kaufen ihre Jungtiere ein und lassen woanders schlachten. Wir decken dagegen das ganze Spektrum ab. Deutschland hat weltweit mit die höchsten Anforderungen an die Kaninchenhaltung.

Wie nachgefragt ist Kaninchenfleisch in Deutschland?

Aktuelle Zahlen gibt es nicht. Nach einer alten Schätzung liegt der Pro-Kopf-Verbrauch bei 800 Gramm im Jahr. Das ist nichts im Vergleich mit südlicheren Ländern. Man sagt: Da wo Wein getrunken wird, wird viel Kaninchen gegessen. Spitzenreiter ist Malta.

Was ist gut am Kaninchen?

Es hat noch weniger Cholesterin und Fett als Hähnchen und ist somit sehr gesund. Und es ist sehr vielfältig in der Zubereitung – vom Sauerbraten über ein Curry bis hin zum Grillen. Was ein enormer Vorteil gegenüber Hähnchen, Pute oder Schwein ist: Das Kaninchen braucht aufgrund seiner Verdauung keine hochwertigen Getreide als Futter. Es frisst Überbleibsel aus der Lebensmittelproduktion wie Zuckerrübenschnipsel, Kleie oder Sonnenblumenextraktionsschrot. Das Kaninchen macht uns aus den Abfallstoffen ein hochwertiges Protein. Es stellt keine Konkurrenz zur menschlichen Ernährung dar. Das ist ein Aspekt, der gerade jetzt angesichts des Kriegs in der Ukraine, wichtig ist.

Was kochen Sie an Ostern?

Kein Kaninchen, in der Osterwoche lassen wir den Kunden den Vortritt. Aber in einer normalen Woche gibt es bei uns schon zwei- bis dreimal Kaninchen.

Finden manche Menschen das Kaninchen zu süß, um es zu essen?

Einige Familien haben ein Kaninchen als Haustier. Ich würde meinen Hund, eine Katze oder ein Pferd auch nicht essen wollen. Zu einem Haustier hat man eine andere emotionale Bindung. Uns liegt das Kaninchen auch am Herzen, aber es ist nicht eine solche Bindung. Das andere Problem ist, dass viele Leute in den Nachkriegsjahren Kaninchen gehalten haben und es zu oft essen mussten. Dafür gewinnen wir oft neue Kunden, die im Süden in Urlaub waren und dort festgestellt haben, dass Kaninchen sehr lecker ist.

Regionale Produktion

Einsatz
Michael Bauer, Jahrgang 1984, ist bei Bauer Kaninchen zuständig für die Produktion und die Vermarktung, sein Bruder Thomas leitet die Landwirtschaft. Auf dem Hof leben rund 1000 Häsinnen, fünf weitere Landwirte liefern dem Betrieb zu.

Absatz
Etwa 50 Prozent des in Deutschland verkauften Kaninchenfleisches stammt aus China, 30 Prozent aus anderen EU-Ländern. Das Hohenloher Fleisch gibt es im Kaufland und im Hofladen Bihler in Filderstadt.