Mit Gottesdiensten und dem Ruf „Christus ist auferstanden!“ haben Christen am Ostersonntag das höchste christliche Fest gefeiert. Auch an herausgehobener Stelle: dem Monte Scherbelino, Stuttgarts 511 Meter hohem Trümmerberg im Westen der Stadt.
Es dürften einige Hundert Menschen sein, die am Ostersonntagmorgen auf den Monte Scherbelino pilgern, um auf dem aus Weltkriegstrümmern errichteten 511 Meter hohen Hügel im Westen der Stadt unter freiem Himmel und bei Sonnenschein Gottesdienst zu feiern.
Pfarrerin Astrid Riehle von der evangelischen Paul-Gerhardt-Gemeinde erinnert in ihrer Predigt an die leidvolle Geschichte des Birkenkopfs und daran, dass man bis vor wenigen Jahren noch geglaubt hatte, „diese steinernen Zeugen der Vergangenheit blieben dort, wo sie hingehören – ans Ende des Zweiten Weltkriegs“. Die Hoffnung, die Menschen hätten aus den leidvollen Erfahrungen der Weltkriege gelernt und es ziehe in Europa „ewiger Friede“ ein, sei jedoch angesichts der aktuellen Kriege zerstoben. Werte, auf denen Zusammenleben gründe, würden vielerorts in den Schmutz gezogen und Menschen anderer Ethnien und Minderheiten zu Menschen zweiter Klasse degradiert. „Wie kann es sein, dass all die Errungenschaften im Laufe der Geschichte von heute auf morgen in den Staub getreten werden?“, fragt Riehle und stellt fest: „Es ist zum Heulen!“ In der Gesellschaft herrsche eine Mischung aus kollektiver Trauer, Aufgebrachtsein und Resignation. Ihr Eindruck ist: „An Ostern 2025 fließen viele Tränen.“
Die Pfarrerin schlägt dann den Bogen zu Maria Magdalena, jener Frau, die nach der Schilderung des Apostels Johannes am Ostersonntag am leeren Grab des gekreuzigten Jesus Christus stand – und Tränen vergoss. „Ich denke an die vielen Frauen in der Welt, die gegenwärtig um ihre Söhne, Männer, Väter und Brüder trauern, weil sie in einem dieser menschenverachtenden Kriege ihr Leben verloren haben“, sagt Riehle. Sie erinnert zugleich an die starke Rolle der Frau in der biblischen Erzählung: „Ostern, das große Hoffnungsfest der Christenheit beginnt mit den Tränen einer Frau.“ Maria Magdalena sei es gewesen, die die Nachricht von der Auferstehung zu den Jüngern getragen habe: „Sie war die erste Apostelin unter den Aposteln“, betont die Pfarrerin, „allen Versuchen, der Kirchengeschichte zum Trotz, Frauen vom ersten Platz zu verdrängen.“
„Ostern beginnt mit den Tränen einer Frau“
Aus der Auferstehungsgeschichte entnimmt Riehle die Ermutigung ungeachtet der vielen Krisen und Kriege und und unbeeindruckt auch von Machthabern, die auf der Welt „herumTrumpeln“ nicht in Resignation zu verfallen, sondern Hoffnung zu schöpfen: „Wir glauben nicht an die Wiederbelebung eines Leichnams, sondern daran, dass der Geist Gottes den längeren Atem hat, als all die Geister, die die Welt durcheinanderbringen“, sagt sie. Ihre Empfehlung lautet, auf Mitmenschen zuzugehen und sich von Fremden nicht abzuwenden. Jeder einzelne könne dazu beitragen: „Unser aller Kraft ist klein, doch auch das Osterwunder beginnt klein.“ Am Ende ihrer kraftvollen Predigt gibt es – ungewöhnlich – kräftigen Applaus.