Das Blockheizkraftwerk in Kemnat wärmt schon seit einem halben Jahr das Wasser im dortigen Hallenbad. Nun ist es eingeweiht worden. Die Stadt möchte mit der Anlage bei der dezentralen Energieversorgung durchstarten.

Ostfildern - Klagen wegen Gänsehaut sind bisher nicht bekannt geworden. Seit dem vergangenen Juni wärmt ein Blockheizkraftwerk (BHKW) das Wasser im Hallenbad des Ostfilderner Stadtteils Kemnat. Die Anlage, die neben dem Bad auch die Festhalle, die Sporthalle, die Pfingstweideschule und den städtischen Kindergarten mit Wärme und Strom versorgt, ist am Samstag offiziell eingeweiht worden.

 

„Wir praktizieren die Energiewende“, sagte der Baubürgermeister und technische Leiter der Stadtwerke Ostfildern, Michael Assenmacher. Das mit Erdgas betriebene lokale Kraftwerk in der Sporthalle reduziert den Ausstoß von Kohlendioxid Assenmacher zufolge um 60 Tonnen pro Jahr. Die Jahresproduktion von 345 Megawattstunden Strom entspricht in etwa dem durchschnittlichen Stromverbrauch von circa 120 Vierpersonenhaushalten. „Wir sind eigentlich energieautark“, erklärte Assenmacher mit Blick auf die von dem neuen BHKW versorgten Gebäude.

Die Rechnung scheint aufzugehen

Die Entscheidung für den Bau des Kemnater BHKW war gefallen, nachdem die Firma Fink bankrott gegangen war. Das Fernwärmeunternehmen hatte der Stadt für ihre Gebäude umsonst Wärme zur Verfügung gestellt. Nach der Pleite musste die Heizzentrale der Sporthalle die Gebäude versorgen. Die Leistung reichte, um auch das Bad mit Wärme zu beliefern. Das Wasser im Becken per Öl zu erwärmen, kostete jedoch rund 60 000 Euro pro Jahr – eine Summe, die die private Hallenbad-Initiative Kemnat (HIK) indessen finanziell überforderte. Durch das BHKW sinken die Kosten für Energie. Beim Bad wird mit jährlichen Heizkosten von unter 40 000 Euro gerechnet – ein Betrag, den die HIK noch stemmen könnte. Aufgrund der ersten Verbrauchszahlen zeichne sich ab, dass diese Rechnung für die HIK aufgehen wird, erklärt deren Vorsitzender Wolfram Binder. „Wir blicken positiv in die Zukunft“, sagt er.

Einstieg in dezentrale Energieversorgung

Gekostet hat das Blockheizkraftwerk 180 000 Euro. Ursprünglich war mit Kosten in Höhe von rund 230 000 Euro gerechnet worden. Das Land Baden-Württemberg hat die Investition mit einem Betrag von 54 000 Euro gefördert. Das Blockheizkraftwerk entlastet indessen nicht nur die Geldbeutel der Stadt Ostfildern und der Kemnater Hallenbad-Initiative. Darüber hinaus trägt das kleine Kraftwerk in der Garage der Sporthalle auch zum Klimaschutz bei. Sein Wirkungsgrad liegt durch Kraft-Wärme-Kopplung bei circa 90 Prozent. Für Ostfildern markiert die Anlage den Einstieg in die dezentrale Energieversorgung.

Die Stadt setzt auf Energieerzeugung vor Ort

Nellingen
Seit 13 Jahren versorgt ein Holzheizwerk das Hallenbad in Nellingen mit Wärme. Mehrere Schulen, Sporthallen, ein Hotel und eine Neubauwohnanlage sind ebenfalls an die Holzschnitzelheizung angeschlossen. Geplant ist, das Holzheizwerk durch ein Blockheizkraftwerk zu ergänzen. Hinzu kommen mehrere bereits installierte Fotovoltaikanlagen in Nellingen. Durch die Kombination soll die umweltfreundliche Energieerzeugung vor Ort weiter verstärkt werden.

Ruit
Die lokale Produktion von Strom und Wärme spielt auch bei den Überlegungen für den Teilort Ruit eine wichtige Rolle. Wie berichtet, wird dort das Hallenbad abgerissen und dafür eine Grundschule gebaut, die zum Beginn des Schuljahrs 2015/2016 fertig sein soll. Angepeilt ist ein klimaschonendes Nahwärmenetz, das auch das Rathaus versorgt. Ein BHKW soll dabei in der neuen Grundschule eingebaut werden. Geplant sind auch zwei Fotovoltaikanlagen, die bei Sonnenstunden sauberen Strom produzieren.