In der Sportschule in Ostfildern-Ruit haben am Wochenende die besten baden-württembergischen Jugendboxer ihre Landesmeister gekürt. Dabei hat sich gezeigt, dass moderner Faustkampf nichts mit Prügelei zu tun hat.

Ostfildern - In einer Halle der Sportschule in Ostfildern-Ruit sind am Wochenende die Fäuste geflogen. Mit einer Prügelei hat das allerdings nicht das Geringste zu tun gehabt. Denn der baden-württembergische Boxverband hat dort die Landesmeisterschaften der Jugendklassen ausgetragen. Rund 170 Athleten im Alter von 10 bis 18 Jahren sind von Freitag bis Sonntag in den Ring gestiegen, um ihre Meister zu küren.

 

Die Talente aus den verschiedenen Vereinen im Land sind gut trainiert. Sie dreschen nicht etwa unkontrolliert aufeinander ein. Nein, sie schlagen zwar hart zu, sie sind aber auch stets darauf bedacht, den Haken und Geraden ihrer Kontrahenten geschickt auszuweichen, sich wegzuducken und den Gegner auf flinken Beinen auszutänzeln. Sie erfahren in diesem Sport, „dass das Motto ,blind vor Wut’ noch keinem etwas gebracht hat“, sagt Jörg Schwiperich, der beim Landesboxverband das Ressort Nachwuchs leitet.

Wichtige Werte werden vermittelt

Die Vereine, in denen die jungen Faustkämpfer – viele von ihnen besitzen einen Migrationshintergrund – trainieren, bezeichnet er als „Integrationsplattform“. Den Schülern und Jugendlichen würden Werte vermittelt, auf die sie auch außerhalb der Trainingshallen und Krafträume zurückgreifen könnten: Disziplin („schon allein beim Gewicht halten“), Kontrolle über die eigenen Emotionen, Frustrationstoleranz und Durchsetzungsvermögen. Zudem lernten sie, sich intensiv zu konzentrieren, denn „schon ein kurzer Moment der Unaufmerksamkeit kann im Ring die Niederlage bedeuten“.

Dass der Boxsport nicht das beste Image besitzt, ist Jörg Schwiperich klar. Aber die Arbeit in den Vereinen und Verbänden habe mit dem, was gemeinhin mit Boxen und den Rotlicht- oder Schlägermilieus verbunden werde, absolut nichts zu tun. Ganz im Gegenteil, die schulische Ausbildung werde neben dem Sport in außerordentlichem Maße gefördert.

K.O.-Niederlagen gibt es selten

Ebenso stehe der Schutz der Athleten „immer im Vordergrund“. Geboxt wird mit Kopfschutz, die Ringrichter zählten angeschlagene oder stark unterlegene Sportler schnell an und es werde darauf geachtet, dass jeweils Boxer gegeneinander antreten, die über das gleiche Leistungs- und Erfahrungsniveau verfügten. K.-o.-Niederlagen seien deshalb „sehr selten“.

Die Jungs und einige wenige Mädchen im Verband sollen langsam an diesen Sport herangeführt werden, „wir wollen sie nicht über den Angstfaktor, sondern über den Spaß aufbauen“, sagt Jörg Schwiperich. Deshalb werden die Boxkämpfer bei der Nachwuchsmeisterschaft je nach Leistungsvermögen in drei Klassen – von Anfängern bis zu Könnern – eingeteilt: „Keiner darf verheizt werden.“

Dass die Meisterschaften der Jugendlichen stets in Ostfildern-Ruit ausgetragen werden, hat seinen guten Grund. In der Sportschule befindet sich das Landesleistungszentrum, das eng mit dem Olympiastützpunkt Heidelberg zusammenarbeitet.