Aus wirtschaftlichen Gründen und wegen eines neuen Nutzungskonzepts stellt die Nellinger Kirchengemeinde den Betrieb im Sommer 2019 ein. Was bei Eltern Unmut verursacht, ist aber laut den Verantwortlichen mit Bedacht geplant.

Ostfildern - Die evangelische Kirchengemeinde in Ostfildern-Nellingen schließt im Sommer 2019 ihren Kindergarten im Eugen-Schumacher-Gemeindehaus. Das hat der Kirchengemeinderat am 10. Januar beschlossen. Die Entscheidung hat teils wütende Reaktionen bei einigen Eltern ausgelöst, die der Kirche schlechte Informationspolitik und eine mangelhafte vorausschauende Planung vorwerfen. Doch der Pfarrer Hans-Ulrich Winkler hält dem entgegen, dieser Schritt sei wirtschaftlichen Zwängen geschuldet und reiflich erörtert und geplant worden.

 

Wie viele andere Institutionen stehen auch die Kirchen unter einem Sparzwang. Da geht es der evangelischen Kirchengemeinde in Nellingen nicht anders. Zwei Gemeindehäuser unterhält sie zurzeit noch in dem Ostfilderner Stadtteil. Das ist eines zu viel, bekundet der Oberkirchenrat indirekt, der mit einem im Jahr 2009 aufgestellten Immobilienkonzept dazu auffordert, die kirchlichen Gebäude auf den Prüfstand zu stellen.

Hoher Sanierungsbedarf

So auch das Martin-Luther-Haus in der Nellinger Riegelstraße, das allein schon einen Sanierungsbedarf von nahezu 300 000 Euro hat. Deshalb will die Kirchengemeinde dieses Gebäude, in dem zahlreiche Gruppen wie Konfirmanden, die Kinderkirche, Mutter-Kind-Gruppen oder die Erwachsenenbildung eine Heimat haben, zum Endes des Jahres 2019 aufgeben. Im Gegenzug soll das Gemeindehaus in der Eugen-Schumacher-Straße ertüchtigt werden, um diese Aufgaben in der Zukunft übernehmen zu können. Laut jüngsten Schätzungen werde das Sanierungskosten von rund 500 000 Euro nach sich ziehen, erklärt Martin Bretschneider, der stellvertretende Vorsitzende des Kirchengemeinderats. Zudem wird im Zuge der neuen Nutzung der dort ansässige eingruppige Kindergarten mit zurzeit rund 25 Kindern im Sommer 2019 geschlossen, wie der Kirchengemeinderat vor gut zwei Wochen beschlossen hat.

Dafür hat sich die Kirche die Kritik einiger Eltern eingehandelt. Zum Beispiel von Michael Ebinger, der seinen Sohn dort gerne untergebracht hätte. Aber er wisse nicht, ob sein Kind dann den Kindergarten wechseln müsse, wenn es diesen von kommendem Sommer an besuche. Zudem wäre der Weg in eine andere Einrichtung in Nellingen um einiges weiter, wofür dann möglicherweise das Auto benutzt werden müsse. Außerdem kritisiert Ebinger, dass die Eltern ebenso wenig wie die Erzieherinnen über die Schließung und die Zukunft des Kindergartens informiert worden seien.

Der Pfarrer Hans-Ulrich Winkler hat Verständnis dafür, dass dieser Schritt für einige Eltern eine herbe Enttäuschung bedeutet. Auch dem Kirchengemeinderat sei er „nicht leichtgefallen“, zumal schon seit 1961 in dem Gemeindehaus Kinder betreut würden. Dennoch sei das Gremium nach einer langen Zeit des Abwägens und der Suche nach Alternativen zu dem Schluss gekommen, dass dies die beste, weil wirtschaftlichste Lösung sei. Schließlich hätte man in den ehemals zwei- und jetzt nur noch eingruppigen Schumacher-Kindergarten viel Geld investieren müssen, „um diesen zukunftsfähig zu machen“.

Rückläufige Zahl der Gemeindeglieder

Gleichermaßen stünden dafür auch Kosten im weiterhin bestehenden evangelischen Kindergarten in der Olgastraße an, der zwei Gruppen mit etwa 60 Kindern beherbergt. „Wir müssen das Geld, das uns zur Verfügung steht, sinnvoll einsetzen“, wirbt die Kirchenpflegerin Annegret Kaiser um Verständnis für die Zwänge. Zudem merkt Hans-Ulrich Winkler an, dass es nicht wirtschaftlich sei, zwei Gemeindehäuser zu unterhalten. Zumal die Zahl der Gemeindeglieder in den vergangenen Jahren von 4800 auf 3500 zurückgegangen sei.

Von einem Schnellschuss könne bei der Kindergartenschließung in rund zweieinhalb Jahren nicht die Rede sein, betont er. Erste Überlegungen habe es schon vor zwei Jahren gegeben, im September 2015 seien die Erzieherinnen informiert worden. Zudem laufe der Betrieb noch mehr als zwei Jahre weiter. Würden Kinder nach dem Sommer 2019 noch nicht eingeschult, müssten sie die Einrichtung wechseln.

Auch die Stadt Ostfildern sei eingebunden gewesen und habe die Pläne der Kirche auch in die eigenen mit einfließen lassen. So werde der für 2018 geplante Neubau des städtischen Mutzenreiskindergartens in Nellingen darauf ausgerichtet sein, die Schließung aufzufangen. Das bestätigt der Oberbürgermeister Christof Bolay. Dort würden drei Gruppen und eine Krippengruppe eingerichtet, weshalb es in dem Stadtteil nicht zu einem Versorgungsengpass kommen werde, sagt er. Michael Ebinger sieht das anders. Der Mutzenreiskindergarten sei für die am Nellinger Südende wohnenden Kinder nicht nur weit entfernt, sondern er verfolge auch ein anderes Konzept als der Schumacher-Kindergarten.