Eine Informationstafel im Ostfilderner Stadtteil Scharnhauser Park befasst sich mit der Rolle von Ernst Heinkel und Claude Dornier in der NS-Zeit. Die Luftfahrtpioniere sind Namensgeber für zwei Straßen in der Stadt.

Ostfildern - Ernst Heinkel und Claude Dornier waren nicht nur begnadete Pioniere der Luftfahrtgeschichte, sondern auch gnadenlose Profiteure des nationalsozialistischen Regimes. Darauf macht jetzt eine Informationstafel im Scharnhauser Park in Ostfildern aufmerksam. Sie steht vor dem neuen Kindergarten „Wunderwerk“ an der Ernst-Heinkel-Straße in Sichtweite zur Claude-Dornier-Straße. Der Gemeinderat hatte sich für diese Art der Geschichtsaufarbeitung entschieden.

 

Die Namensgeber für die beiden Straßen waren vor rund zweieinhalb Jahren in den Blickpunkt gerückt, weil sich neuere historische Forschungsarbeiten mit deren Rolle während der NS-Zeit auseinander gesetzt hatten. Ernst Heinkel beschäftigte demnach in seinen Flugzeugwerken allein im Jahr 1944 mehr als 50 000 Zwangsarbeiter. Sie waren in Konzentrationslagern untergebracht, viele von ihnen kamen um. Auch Claude Dornier nutzte in seinem Rüstungsbetrieb die Arbeitskraft tausender Zwangsarbeiter und KZ-Häftlinge aus. Erst im Jahr 1998 wurden die beiden Straßen im Scharnhauser Park nach Heinkel und Dornier benannt worden. Aus gutem Grund: Der junge Stadtteil ist durchaus von der Geschichte der Luftfahrt geprägt. Auf dem Wehrmachtsfliegerhorst waren dort von 1938 an Militärflugzeuge gewartet und Bremsschirme erprobt worden. Und in der US-Kaserne Nellingen Barracks waren bis 1992 Hubschrauber stationiert gewesen.

Teil einer kritischen Erinnerungskultur

Doch weder die Verwaltung noch die Stadträte erkannten damals offenbar, dass die beiden Unternehmer, nach denen sie die Straßen benannt haben, in die Machenschaften der Nationalsozialisten verstrickt gewesen waren. Doch das aktuelle Gremium setzte sich mit der Vergangenheit auseinander und beschloss, die Straßennamen zwar zu belassen, die Geschichte aber mit einer Veranstaltungsreihe im vergangenen Jahr und mit der kürzlich aufgestellten Tafel aufzuarbeiten. Denn „die Diskussion um diese Straßenbenennungen ist ein wichtiger Teil einer kritischen Erinnerungskultur“, ist darauf als Begründung zu lesen.

Den Text hat der Ostfilderner Stadtarchivar Jochen Bender formuliert. Er habe darauf geachtet, auf die wichtigsten Punkte einzugehen „und auf die allgemeine Problematik hinzuweisen“. Zu lang und detailliert dürfe die Information nicht sein, „denn sie soll ja zum Lesen einladen“, sagt Jochen Bender.

Weitere Tafeln wären denkbar

Wer sich in das Thema vertiefen wolle oder sich für den daraus resultierenden kommunalpolitischen Entscheidungsprozess interessiere, der wird über einen sogenannten QR-Code und eine Internetadresse auf die entsprechende Seite der städtischen Homepage geleitet. Dort stehen umfassende Informationen zur Verfügung.

Er habe vom Gemeinderat nur den Auftrag für eine Tafel an der Ernst-Heinkel-Straße bekommen und habe die benachbarte Dornier-Straße „dann nicht weggelassen“, erklärt Jochen Bender. Eine solche Initiative wäre ihm zufolge auch an anderen Straßen möglich, die nach umstrittenen Persönlichkeiten wie etwa dem Unternehmer Felix Wankel benannt sind.