Die Kirchheimer FDP-Abgeordnete Renata Alt hat sich in beachtlichem Tempo als Außenpolitikerin profiliert.

Berlin - Die FDP-Politikerin Renata Alt fordert von der Bundesregierung, den neu gewählten ukrainischen Staatspräsidenten Wolodymyr Selenskyj „sofort zu unterstützen“. Alt war in der vergangenen Woche gemeinsam mit ihrem FDP-Kollegen Frank Müller-Rosentritt als erste deutsche Politikerin nach den Präsidentschaftswahlen in Kiew und hatte dort Gelegenheit, sich mit Selenskyjs Sprecher Dmytro Rasumkow auszutauschen. Alt beklagt im Gespräch mit unserer Zeitung ein falsches Bild Selenskyjs in Deutschland. „Hier wird immer nur leicht abfällig vom ,Komiker Selenskyj‘ gesprochen. In der Ukraine wird er aber in erster Linie als Jurist und erfolgreicher Medien-Unternehmer wahrgenommen. Das müssen wir respektieren.“

 

Eine sehr aktive Reisediplomatie

Dass die FDP-Politikerin, die für ihre Partei den Wahlkreis Nürtingen vertritt, so frühzeitig zur neuen ukrainischen Staatsführung Kontakte knüpfen konnte, ist kein Zufall. Alt, die erst seit 2017 im Bundestag sitzt, hat sich in beachtlicher Geschwindigkeit zu einer Art Außenministerin ihrer Fraktion entwickelt. Sie ist dort für Ost- und Mitteleuropa zuständig und entwickelt eine aktive Reisediplomatie, die auch im Auswärtigen Amt positiv betrachtet wird. Als Außenminister Heiko Maas (SPD) jüngst zu den UN nach New York aufbrach, bot er Alt die Mitreise an – was an deren Ukraine-Pläne scheiterte.

Alt bringt für die Aufgabe, Gesprächsfäden in Mittel- und Osteuropa aufzubauen, gute Voraussetzungen mit. Sie ist in der ehemaligen Tschechoslowakei geboren und hat dort nach dem Studium zur Chemie-Ingenieurin eine diplomatische Ausbildung erhalten. Sie war im Prager Außenhandelsministerium tätig, bevor sie als Wirtschaftsattachée ihres Landes nach München kam. Im Jahre 2000 nahm sie die deutsche Staatsbürgerschaft an. Alt ist verheiratet und lebt in Kirchheim/Teck, wo sie auch Stadträtin im Gemeinderat ist.

Der Osten ist kein einheitlicher Block

Die Kenntnis der slawischen Sprachen und die Tatsache, dass sie auch Russisch beherrscht, sind im heiklen diplomatischen Betrieb ein Trumpf. „Als zuletzt im Zuge der deutsch-französischen Annäherungen rund um den neuen Élysée-Vertrag in Tschechien Befürchtungen aufkamen, beide Länder könnten versuchen, die EU zu dominieren, konnte ich in Prag im direkten Gespräch mit Regierungsvertretern einige Bedenken ausräumen“, erzählt sie. Sie nennt das die Genscher-Schule. „Wenn es ein Problem gibt, sofort miteinander reden.“ Ein anderes Beispiel: In Serbien traf sie 2018 die Premierministerin. „Es war sehr hilfreich, dass wir die Zeit für die Dolmetscher sparen konnten, da wir uns auch so verstanden.“ Damals nutzte auch das Außenamt ihre Kontakte für eine diffizile Mission. „Ich musste einen Protest der Bundesregierung überbringen, da sich die Regierungschefin unangemessen zum Massaker in Srebrenica geäußert hatte“, berichtet Alt. Diplomatische Schulung ist da hilfreich. Ihr Anliegen fasst die Politikerin, die auch im Landesvorstand der Südwest-FDP sitzt, so zusammen: „Ich will Verständnis dafür wecken, dass Mittel- und Osteuropa kein einheitlicher Block sind, sondern aus unterschiedlichen, stolzen Nationen besteht.“