Reportage: Frank Buchmeier (buc)
Sind Männer eher bereit, eine neue Liebesbeziehung einzugehen, als Frauen?
Hans J. Zunächst ist es so, dass sich Frauen heutzutage viel häufiger von ihren Männern trennen, als das früher der Fall war. Meistens steckt bei ihnen der Wunsch dahinter, ihr eigenes Leben zu leben, unabhängig zu sein. Bei den Männern ist es fast immer eine neue Beziehung, die zu der Trennung führt. Die Motive sind also sehr unterschiedlich.
Meine Frage bezog sich auch auf den Umstand, dass Sie sich nach dem Tod Ihrer Frau wieder relativ schnell verliebt haben.
Hans J. Meine Frau Margarete hatte 14 Jahre lang gegen den Krebs gekämpft, bis klar war, dass sie diesen Kampf verlieren würde. Das bedeutet, dass ich bei aller Hoffnung sehr lange mit der Möglichkeit ihres Todes konfrontiert war. Wir konnten unser gemeinsames Leben gut abschließen, baten uns am Ende für jede Verletzung um Verzeihung, die wir uns im Laufe der Jahre zugefügt hatten. Nichts in unserer Beziehung ist unerledigt geblieben. Dadurch konnte Margarete ihr Leben besser loslassen – und ich konnte sie besser loslassen und war frei für eine neue Beziehung. Meine Gefühle wären völlig anders gewesen, wenn ich meine Frau unerwartet verloren hätte.
Frau Jellouschek-Otto, war es für Sie leichter, einem Witwer zu vertrauen als einem Mann, der seine Frau verlassen hat?
Bettina J.-O. Nein, weshalb Hans alleinstehend war, spielte für mich keine Rolle. Entscheidend war seine Offenheit, seine Bereitschaft, meine Vorstellungen in sein Leben einzubeziehen. Es sind oft Kleinigkeiten, die dazu führen, dass man sich angenommen und am richtigen Platz fühlt. Zum Beispiel wollte ich andere Vorhänge und Teppiche für das Wohnzimmer. Also haben wir uns zusammengesetzt und überlegt, wie wir ein Zuhause gestalten, in dem wir uns beide wohlfühlen.
Mit Ihrem Einzug sind Sie auch als Paartherapeutin in die Praxis eingestiegen. Es heißt, man solle Privates und Berufliches trennen. Funktioniert Ihre Zusammenarbeit stets reibungslos?
Hans J. Wir achten darauf, dass wir nicht zu viel fachsimpeln. Aber insgesamt tut es unserer Beziehung gut, dass wir im selben Bereich tätig sind. Für mich wäre es schwieriger, wenn Bettina einen technischen Beruf hätte, mit dem ich überhaupt nichts anfangen könnte.
Bettina J.-O. Anfangs habe ich von der Berufserfahrung meines Mannes stark profitiert, mittlerweile holt er sich auch Rat von mir. Es gibt aber Zeiten, in denen wir ganz bewusst die Arbeit außen vor lassen und uns auf unsere private Zweierbeziehung konzentrieren.
Geht das denn, wenn einem Partner berufliche Angelegenheiten im Kopf herumschwirren?
Hans J. Sie sprechen etwas an, das viele Paare belastet: Manche Partner hängen gedanklich immer in ihrem Job. Man kann aber lernen, Dinge ruhen zu lassen, auch wenn sie einen sehr beschäftigen, etwa durch Meditation.