Die Stadt Eislingen hat lange einen Nachmieter für den Marstall gesucht. Jetzt wird die Kultkneipe von Alteingesessenen übernommen. Die Familie D’Onofrio wechselt nach 32 Jahren im Adler zum neuen Domizil am Schlosspark.

Eislingen - Mit einem lachenden und einem weinenden Auge dürften die Eislinger die Nachricht aufgenommen haben, dass der Marstall bald von Altbekannten geführt werden soll. Dass die Familie D’Onofrio die Nachfolge des glücklosen Kulturvereins Marstalls antritt, verheißt für das Lokal, das die neue Mitte mit dem Ensemble Rathaus, Schlossapotheke und Schloss abrundet, eine gute Zukunft. Die Entscheidung reißt aber auch eine neue Lücke auf. Dem Restaurant im Adler, Stammkneipe vieler Lokalpolitiker, der Frauenaktion Eva und mancher Vereine vis-à-vis des Marstalls droht der Leerstand.

 

Der Adler ist der intalienischen Familie auch Heimat

Seit 32 Jahren betreiben die D’Onofrios den Adler, derweil in zweiter Generation. Als Leonardo D’Onofrio und seine Frau Rita im Jahr 1982 die Kneipe übernahmen, war er bereits seit 20 Jahren Eislinger. Um Geld für ein Motorrad zu erwirtschaften, ist er 1962 mit seinem Bruder Rocco aus der süditalienischen Provinz Matera nach Eislingen gekommen und geblieben. Für die Familie ist die ehemalige Brauerei-Schankwirtschaft Heimat. „Ich bin im Adler aufgewachsen, habe hier meine Hausaufgaben gemacht“, erklärt die Tochter Maria Grazia Bruno. Längst ist sie mit ihrem Ehemann Enzo Bruno in den Betrieb eingestiegen. Am Hausaufgabentisch sitzen jetzt deren Söhne.

Dass es die Familie nun über die Straße zum Marstall treibt, liegt vor allem am Verfall des Adlers. „Wir haben hier kaum eine Perspektive“, erklärt Enzo Bruno. Der Eigentümer, Adolf Holzherr, liegt, wie berichtet, seit Jahren mit der Stadt im Clinch, so sehr, dass er mittlerweile keinerlei Ambitionen zeigt, Geld in sein Erbe zu investieren. Dabei hat der Adler als Versammlungsstätte eine glanzvolle Vergangenheit. Doch diese Zeiten sind längst passé.

Mit dem eigenwilligen Eigentümer gab es nie Streit

Ob das Dach noch zwei oder fünf Jahre dicht bleibt, ist somit unklar. „Im Marstall haben wir eine Zukunft“, sagt auch Rita D’Onofrio. Im Streit mit dem Eigentümer sei man aber nicht. „Alle fragen uns, warum wir so lange im Adler bleiben. Wir kommen mit Herrn Holzherr prima aus. Da gab es nie Ärger“, betont sie. Den Abschied bedauere sie. „Wenn man im Adler weiter ein Restaurant haben will, muss man aber einiges investieren“, so Rita D’Onofrio.

Kräftig investiert wird nun im Marstall. Vereinbart ist mit der Stadt ein Komplettumbau. „Da kommt alles raus, und alles wird neu“, so Maria Grazia Bruno, die sich darauf freut, sich als Hobby-Innenarchitektin austoben zu dürfen. „Es wird spannend sein, die familiäre Atmosphäre, die viele im Adler schätzen, in die neuen Räume zu bringen“, sagt sie. Ein Pfund, mit dem der Marstall wuchert, ist der Garten zum Schlosspark. Noch verströmt dieser einen morbiden Charme. „Wir werden auch den Außenbereich komplett neu gestalten“, verspricht die Gastronomin.

Gäste können sich auf Open-Airs freuen

Im neuen Jahr soll der Umbau beginnen. Ob der Marstall bereits im April oder erst im Mai wiedereröffnet werden kann, ist noch offen. Inhaltlich will Enzo Bruno nahtlos anknüpfen. „Wir wollen das, was wir im Adler machen, fortführen und verbessern“, erklärt er. Kulturelle Veranstaltungen wie Konzerte oder Lesungen sollen mit kulinarischen Spezialitäten kombiniert werden. Eine Neuheit hat Enzo Bruno schon im Blick: „Wir können dann auch Open-Air-Events machen.“

Mindestens bis März bleibt aber noch der Adler Mittelpunkt im Leben der D’Onofrios und Brunos. So sind noch einige Veranstaltungen geplant. Bereits am Samstag, 21. Dezember, tritt im Adler die Band Metropolis für ein Benefizkonzert an. Am 18. Januar ist dann mit DeJaVue die nächste Liveband im Adler zu Gast.

Den Kulturverein Marstall übrigens, der im Sommer sein Domizil geräumt hat, gibt es auch noch. Er ist noch auf der Suche nach einem neuen Zuhause.