Das „Palais der Kolchose“ begibt sich zweieinhalb Wochen lang auf eine Zeitreise in die Hip-Hop-Historie der Stadt. Man weiß mittlerweile sogar im Rathaus: Musik gibt einem Ort Profil und Charakter.

Stuttgart - Mit einer großen Feier wurde am Mittwochabend das „Palais der Kolchose“ im künftigen Stadtmuseum eröffnet. Dass es vom Jugendhaus West 25 Jahre später ins Museum gehen würde, hätte sich wohl keiner der Protagonisten von damals erträumen lassen. „Im Grunde waren wir Nerds“, sagte Johannes von Strachwitz, genannt „Strachi“, bei der Eröffnungsfeier. „Uns hat nichts anderes interessiert als die Musik, die in dieser Zeit mit großer Vehemenz aus den USA zu uns geschwappt ist.“ Der Kessel habe die Gleichgesinnten zusammengetrieben: Rapper, Breakdancer, Sprayer. Das umtriebige Kollektiv Kolchose, darunter Massive Töne, Freundeskreis, Afrob, die Krähen und andere machte Stuttgart zur Hochburg des deutschen Hip-Hops.

 

Strachwitz ist an diesem Eröffnungsabend nicht der einzige Vertreter der Kolchose. Auch Jean-Christoph „Schowi“ Ritter und Alex „DJ 5ter Ton“ Scheffel von Massive Töne sowie Martin „DJ Friction“ Welzer von Freundeskreis blicken zurück auf die musikalischen Spuren, die sie in der Stadt hinterlassen haben. Viele der Exponate, die bei der Schau noch bis 10. Dezember zu sehen sind, stammen aus den Archiven der Kolchose-Mitglieder.

Mutterstadt des Hip-Hop

„Der Hip-Hop hat die Stadt geprägt“, sagte Torben Giese, der Gründungsdirektor des Stadtmuseums, in seiner Begrüßungsrede. Das Lied „Mutterstadt“ von Massive Töne habe Stuttgart einen Namen gegeben. „Stuttgarter Identität, gegossen in einen Track – was kann es Schöneres geben?“ Das vertonte Stück Lokalpatriotismus steht deshalb im Zentrum der Interimsausstellung, ohne dabei die anderen Mitglieder der Hip-Hop-Familie außer Acht zu lassen. Während im Ergeschoss die Historie der Kolchose betrachtet wird, dürfen die Besucher im Obergeschoss der Jugendkultur aktiv nachspüren: beim Scratchen am DJ-Pult mit Blick über die Stadt oder beim Sprayen. Letzteres allerdings nur durch die virtuelle Realität eines Brillendisplays.

Popkultur soll auch im künftigen Stadtmuseum eine Rolle spielen. Mit der Hip-Hop-Ausstellung und mit dem „Palais des Techno“ im Anschluss, sendet Giese deutliche Signale. Kulturbürgermeister Fabian Mayer begrüßt diesen Weg ausdrücklich: „Die Grenzen zwischen Hoch- und vermeintlicher Subkultur sind ohnehin unscharf und können höchstens noch Futter für gediegene akademische Gelehrtenstreits sein. Darüber hinaus ist die Trennung irrelevant.“