Der Streit um sechs gefällte Pappeln in Stuttgart-Birkach ist noch nicht ausgestanden. Bürger fühlen sich durch die Fällungen hinters Licht geführt. Die Stadt Stuttgart solle Anzeige erstatten. Dafür sieht die Stadt aber offenbar keinen Grund.

Klima & Nachhaltigkeit: Judith A. Sägesser (ana)

Birkach - Die Pappel-Fällung im Januar am Pallotti-Areal war laut Stadt keine rechtswidrige Handlung. Zur Erinnerung: Bürger hatten sich empört, dass sechs Pappeln entfernt wurden nahe des Grundstücks, auf dem bis vor Kurzem noch die Pallotti-Kirche stand. Das Siedlungswerk plant dort ein Wohnquartier. Im Zuge des Kirchenabrisses sind sechs Pappeln entfernt worden, die aus Sicht einiger Birkacher ortsbildprägend gewesen sind. Günter Seyfferth, der einst dem Bürgerverein vorsaß, hatte das Thema bei der jüngsten Sitzung des Bezirksbeirats aufs Tapet gebracht. Bauherr und Architekt verwiesen, wie berichtet, auf ein Gutachten aus dem Jahr 2012, das die Pappeln nicht als schützenswert eingestuft habe.

 

Dem schließt sich die Stadt an. Gegen die städtische Baumschutzsatzung verstoßen die Fällungen nicht, sagt die Sprecherin Ann-Kathrin Gehrung. Birkach liege nicht im Geltungsbereich. Dieser umfasst die Innenstadt und Bad Cannstatt. Und der 2012 engagierte Baumexperte habe die Pappeln „als nicht besonders erhaltenswert“ eingestuft, so die Sprecherin.

Birkacher beklagt Fällungen auch gegenüber dem OB

Seyfferth hatte auch in einer Mail an den OB Fritz Kuhn den „Kahlschlag“, wie er es ausdrückte, beklagt. „Die Fachkollegen arbeiten gerade an einem Antwortschreiben“, sagt Gehrung. „Erste Rückmeldungen zeigen, dass die Fällungen in Ordnung waren. Die Stadt wird keine Anzeige erstatten.“ Letzteres hatte Seyfferth gefordert. Er will zudem, dass die Pappeln rasch ersetzt werden. Dazu sagt die Stadtsprecherin: „Rechtmäßige Fällungen gehen stets mit Ersatz einher.“ Wenn auch nicht in Form von Pappeln. „Vorgesehen ist, dass im neuen Areal heimische Laubbäume gepflanzt werden.“ Insgesamt sechs alte Bäume müssten auf dem Areal erhalten werden, zudem sehe der Entwurf für den Bebauungsplan vor, dass an 19 Standorten neue Bäume gepflanzt werden.

Seyfferth hat nun am Donnerstag mit einer ausführlichen E-Mail an die Stadt nachgelegt. Er beharrt auf der Frage, ob es für die Fällungen eine Genehmigung gegeben habe und wenn ja, auf welcher Grundlage. Zudem sieht er die Bürger getäuscht. Bei einer Info-Veranstaltung zu dem Projekt 2016 sei keine Rede von den Fällungen gewesen. Er verweist auf das Gutachten, der Experte habe nicht explizit empfohlen, zu fällen.

Experte hält Fällungen für in Ordnung

Manfred Tosch ist jener Experte. Von widerrechtlichen Fällungen könne keine Rede sein, sagt er auf Nachfrage. Er sagt, dass die Pappeln 50, 60 Jahre alt gewesen seien. „Im innerstädischen Bereich wird eine Pappel vielleicht 70 Jahre. Sie hatten ihren Zenit also fast erreicht.“ Je älter sie würden, desto wahrscheinlicher sei es, dass sie Totholz ausbilden oder morsch würden. Theoretisch hätte man die Pappeln auch nur stutzen können. Aus seiner Sicht hätte das aber nahe eines Neubaugebiets wenig Sinn ergeben. „Alte Pappeln sind gefährlich. Die Verkehrssicherheit ist wichtiger.“