Die Zahl der Infektionen ist im Sinken. Eine Ansteckungswelle in der kälteren Jahreszeit könnte – angesichts niedriger Impfquote – aber neuerliches Ungemach bedeuten.

Vor zwei Wochen ist die Inzidenz im Rems-Murr-Kreis nach einem kurzzeitigen Anstieg einige Tage bei Werten von rund 1000 Neuansteckungen je 100 000 Einwohner binnen sieben Tagen verharrt. Seither entspricht an Rems und Murr die Tendenz aber der bundesweiten. Langsam sinken die Werte. Am Mittwoch lag die Inzidenz mit 440,7 erstmals seit Langem wieder unter 500.

 

Gleichwohl befanden sich zur Wochenmitte im Rems-Murr-Kreis insgesamt fast 1500 Menschen wegen einer nachgewiesenen Coronainfektion in Quarantäne – bei einer Dunkelziffer, die angesichts verschwindend geringer Testzahlen inzwischen allerdings auf ein Mehrfaches der offiziellen Zahl geschätzt wird.

Wie hat sich im Frühjahr die Situation in den Kliniken entwickelt? Beruhigend klingen die Nachrichten aus den Kliniken. Die Rems-Murr-Kliniken melden aktuell 21 dort stationär aufgenommene Covid-Patienten, nur einer von ihnen musste zur Wochenmitte vorübergehend auf der Intensivstation versorgt werden. Stand Freitag liegt dort keiner mehr.

Auch insgesamt ist allerorten der Verlauf der Erkrankungen im größten Teil der Fälle mit einem sehr leichten, teils auch kaum merklichen Krankheitsverlauf verbunden. Und angesichts der Wetterentwicklung und der tendenziellen Verlagerung gemeinschaftlicher Aktivitäten ins gut durchlüftete Freie scheint klar, das sich der Trend zu sinkenden Ansteckungszahlen in den kommenden Wochen fortsetzen wird.

Wie sind die aktuellen Zahlen im regionalen Vergleich? Am niedrigsten ist die Inzidenz in der Region derzeit mit knapp 300 im Kreis Göppingen, während die Stadt Stuttgart mit 808 am Freitag den mit Abstand höchsten Wert in ganz Baden-Württemberg verzeichnete.

Der landesweite Durchschnitt liegt mit 445,2 knapp über dem Wert des Rems-Murr-Kreises von jetzt 427. Zum Vergleich: vor sechs Wochen, also Ende März, betrug die Inzidenz hier im Kreis noch 1756,9, landesweit war sie bei 1868,3 und in der Hälfte der baden-württembergischen Landreise teils deutlich über 2000. Weiteres aus der Statistik: seit Beginn der Pandemie haben sich im Rems-Murr-Kreis mehr als 137 000 Menschen mit Covid-19 infiziert, seit März 2020 sind 595 Todesfälle im Zusammenhang mit einer Corona-Infektion bekannt.

Was erwartet die Menschen im Herbst, wenn womöglich die nächste Welle droht? Auch im Rems-Murr-Kreis bereitet man sich derweil auf eine mögliche, von Experten für den Herbst erwartete, weitere Welle an Corona-Infektionen vor. Der Landkreis hat angekündigt, dass dann möglicherweise wieder notwendige Test- und Impfkapazitäten zur Verfügung stehen sollen, um besser gerüstet zu sein als bei vorigen Wellen. Wobei die Hoffnung dahingehend tendiert, dass sich, so kein komplett neuer Virustyp auftritt, die Tendenz der bisherigen fünf Infektionswellen fortsetzt. Nämlich eine zwar anteigende Ansteckungswucht, aber ein deutlich sinkendes Risiko schwerer Verläufe.

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Die zwar ansteckenderen, aber in den Verläufen letztlich harmloseren Varianten zeigen sich auch an der Entwicklung der Sterblichkeitsquote im Rems-Murr-Kreis. Bei der ersten Welle im Frühjahr 2020 waren – komplett ohne Impfungen – bei insgesamt etwa 1600 nachgewiesenen Infektionen 91 Todesfälle in Verbindung mit Covid zu verzeichnen. Die Sterblichkeitsquote lag damit bei knapp sechs Prozent. In der fünften Welle im Frühjahr dieses Jahres wurden bei mehr als 70 000 Fällen nur noch 69 tödlich endende mit der Covid-Infektion in Verbindung gebracht – eine Quote von 0,1 Prozent.

Ist der Rems-Kreis besser gerüstet für neue Wellen? Weil inzwischen die überwiegende Zahl der Menschen auch hier im Kreis geimpft, teils auch geboostert ist, gehen die Experten davon aus, dass Deutschland insgesamt besser auf künftige Coronawellen vorbereitet ist. Allerdings liegt die Impfquote im Rems-Murr-Kreis nach wie vor unter 70 Prozent und damit auch landesweit im hinteren Bereich. Laut Corona-Dashboard des Landkreises haben momentan 69,2 Prozent eine Vollimmunisierung, in Baden-Württemberg liegt der Anteil der vollständig Geimpften dagegen bei bei 73,8 und bundesweit bei 75,8 Prozent. Während im Kreis 56 Prozent der Menschen geboostert sind, liegt diese Quote bundesweit bei 60 Prozent.

Der Anteil der komplett Geimpften könnte eine entscheidende Rolle spielen, so warnen Experten, wenn im Herbst – wie von manchen befürchtet – eine auch im Krankheitsverlauf aggressivere Virusvariante auftreten sollte. Höhere Impfquoten, da herrscht in Expertenkreisen Einigkeit, stellten bessere Voraussetzungen dar für eine gute Bewältigung jeglicher neuen Infektionswelle – auch wenn die Impfungen nicht sicher vor einer Ansteckung schützen. Sie mindern aber insgesamt die Ansteckungswucht und reduzieren den Anteil an schweren oder gar tödlichen Verläufen.

Für wen könnte eine zweite Boosterung im Herbst sinnvoll sein? Eine höhere Boosterquote würde generell die Gefahr neuerlicher Einschränkungen zumindest unwahrscheinlicher machen, sagt der Frankfurter Virologe Martin Stürmer. Dieser Tage sagte er in einer Fernsehdebatte, wenn eine neue Infektionswelle komme, „müssen wir über eine vierte Impfung gar nicht mehr reden. Das müssen wir dann machen“. Klar ist dabei, dass auch die Schutzwirkung von Boosterimpfungen vor schweren Krankheitsverläufen mit der Zeit nachlässt. Für Gesunde gelten dabei – bislang zumindest – drei Impfungen als ausreichend. Bei über 70-Jährigen und Menschen mit geschwächtem Immunsystem empfiehlt die Impfkommission die zweite Auffrischimpfung mit einem der dann verfügbaren Impfstoffe. Bis September sollen laut EU-Arzneimittelagentur Ema auf die Omikron-Variante angepasste Impfstoffe zugelassen sein.

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