Prüfungspanne an Realschulen Prüfungspanne: Kultusministerium schaltet Polizei ein

Wer die Prüfungsaufgaben für die Realschulen in Urach geöffnet hat, soll jetzt die Polizei feststellen. Die Aufgaben sollen zeitweise privat bei einer Lehrerin gelagert worden sein. Sie müssen aber in der Schule eingeschlossen werden.
Stuttgart - Die Panne mit den Prüfungsaufgaben an einer Uracher Schule wird jetzt neben der Schulaufsicht auch die Polizei beschäftigen. Das Kultusministerium kündigte an, man werde die Polizei einschalten, um zu klären, wer wann die Umschläge für die Deutschprüfung an Realschulen geöffnet habe. Das Polizeipräsidium Reutlingen bestätigte am Nachmittag, dass die Ermittlungen aufgenommen würden.
Weil die Aufgaben bekannt sein könnten, hat das Kultusministerium die Deutschprüfung für 40 000 Realschüler vom 18. auf den 27. April verschoben. Geprüft wird dann nach den Aufgaben, die für die Nachprüfung vorgesehen sind. Der ursprüngliche Prüfungstermin konnte nicht gehalten werden, weil die Aufgaben nicht so schnell zentral gedruckt werden könnten, erklärte das Ministerium. Sie vor Ort an den Schulen zu drucken, sei nicht in Betracht gekommen. Die Anzahl der Beteiligten wäre dann nicht überschaubar, „die Vertraulichkeit der Aufgaben kann nicht gewahrt werden“, heißt es aus dem Kultusministerium. Kultusministerin Susanne Eisenmann (CDU) sagte: „Mir tut es unendlich leid. Aber uns blieb nichts anderes übrig. Das Risiko war schlicht zu groß, dass die Aufgaben nachher im Netz kursieren.“
Nach bisherigen Informationen unserer Zeitung ist dies in Baden-Württemberg die erste Panne bei einer Realschulabschlussprüfung.
Wie es dazu kommen konnte, ist für Realschullehrer unerklärlich. Karin Broszat, Schulleiterin der Realschule in Überlingen und Vorsitzende des baden-württembergischen Realschullehrerverbandes sagte unserer Zeitung: „Ich frage mich, wie so etwas passieren konnte. In 13 Jahren als Schulleiterin habe ich so etwas noch nicht erlebt“.
Vorgaben des Ministeriums eindeutig
Die Vorgaben des Ministeriums seien eindeutig. Für die Realschulprüfungen müssen die Schulleiter oder ihre Stellvertreter die Aufgaben persönlich bei den Schulämtern abholen oder einem Vertreter eine Vollmacht zur Abholung erteilen. Frühestens fünf Arbeitstage vor Beginn der Klausuren können die Aufgaben abgeholt werden. Ein versiegelter Umschlag trage die Aufschrift Realschulabschlussprüfung für das jeweilige Fach. Dass so ein Umschlag versehentlich geöffnet werden könne, hält Broszat für nahezu ausgeschlossen.
Lehrerin hat Prüfungsaufgaben zuhause verwahrt
Die Aufgaben müssten dann unverzüglich in der Schule an einem sicheren Ort verwahrt werden. Das könne ein Tresor oder ein abschließbarer Raum sein, sagte eine Sprecherin von Kultusministerin Susanne Eisenmann (CDU). Am Prüfungstag werden die Umschläge an den Schulen frühestens um sechs Uhr morgens von der Schulleitung im Beisein der Fachlehrer geöffnet.
Eine Ministeriumssprecherin betont, es gehe um eine „unverzügliche und lückenlose Verwahrung an einem sicheren Ort“. In Bad Urach sollen die Aufgaben zeitweise bei einer Lehrerin zuhause privat gelagert worden sein. Das bestätigte das Ministerium. Die Aufgaben seien am 12. April beim Staatlichen Schulamt abgeholt worden und danach „nacheinander von mehreren Personen“ verwahrt worden. Die Unterlagen seien nicht, wie vorgeschrieben „unverzüglich unter Verschluss gebracht“ worden. Dabei verfüge die Schule über einen Tresor.
Stimmung unter Schülern geteilt
Die Schulen hat das Ministerium am Montag Abend schriftlich informiert. Am Dienstag haben die Schulleitungen die Schüler ins Bild gesetzt, man habe auch einen Elternbrief geschrieben, sagt Karin Broszat. Die Stimmung unter den Schülern sei geteilt, berichtet Broszat. „Sie hätten gerne angefangen. Sie stehen alle unter Spannung.“ Manche nähmen die Verschiebung aber auch gelassen. „Sie nutzen die Zeit, sich intensiver auf die Mathematikprüfungen vorzubereiten“, sagt die Schulleiterin.
Die Deutschlehrer können jedoch wegen der Verschiebung mit den Korrekturen unter Druck kommen. Dennoch begrüßt die Vertreterin der Realschulen, dass die Prüfungen zunächst abgesagt wurden. „Das ist sehr gut und konsequent“, sagt sie. Es könne nicht mehr garantiert werden, dass die Aufgaben nicht verbreitet worden seien. „Dann ist die Prüfung nicht mehr vergleichbar und anfechtbar“.
Die Panne passierte an einer Gemeinschaftsschule. Dort werden in Baden-Württemberg in diesem Jahr zum ersten Mal Realschulabschlussprüfungen angeboten. Doch mit der Schulart habe die Panne nichts zu tun, betont die Sprecherin Eisenmanns.
Einbruch in Gymnasien
Zu Problemen kam es im vergangenen Jahr an Gymnasien. Am Stuttgarter Solitudegymnasium hatten Einbrecher den Tresor geknackt und die Abituraufgaben für Englisch und Mathematik geöffnet. Wegen des Zentralabiturs waren mehrere Bundesländer betroffen. Die Aufgaben wurden ausgetauscht. Das klappte jedoch am Gymnasium in Sandhausen nicht. Dort wurden die Schüler nach den alten Englischaufgaben geprüft. Sie hätten ein zweites Mal zur Prüfung antreten können, was niemand tat.
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