Kurz nachdem die Schnellfahrstrecke zwischen Ulm und Stuttgart eröffnet worden ist, kam es zu einer Panne. Der Lokführer, der sie verursacht hat, hat das Mitleid des Projektchefs. Der findet markige Worte – auch in Richtung Medien.

Stadtentwicklung/Infrastruktur : Christian Milankovic (mil)

Olaf Drescher, Chef der Bahnprojektgesellschaft Stuttgart-Ulm (PSU), die neben Stuttgart 21 auch die Schnellfahrstrecke Richtung Ulm baut, hat die Panne zum Auftakt des Regelbetriebs bewertet. Auf der am Sonntag eröffneten Strecke blieb am Montag kurz hinter Ulm ein ICE liegen, weil ein Problem mit dem Sicherungssystem ETCS aufgetreten war. „Das war ein Fehlverhalten eines Triebfahrzeugführers“, sagte Drescher am Dienstagabend bei einem Vortrag bei der Deutschen Verkehrswissenschaftlichen Gesellschaft (DVWG) in Stuttgart.

 

Anmeldeprozedere für den Zug

Ausführlich schildert Drescher in dem Vortrag das vierstufige Verfahren, mit dem der Lokführer den Zug für die Fahrt über die vier Milliarden Euro teure Strecke anmeldet. Dabei gebe es „neue Komponenten, die trainiert und gelernt werden müssten“. Weil diese Anmeldung nicht richtig erfolgt ist, wurde der Zug vom System angehalten und musste in den Ulmer Hauptbahnhof zurückkehren.

Die Art und Weise wie mit dem Vorfall umgegangen wurde, scheint Drescher gefuchst zu haben. Der 63-Jährige äußert Mitleid mit dem Lokführer, dem der Lapsus unterlaufen ist. Diesem Mitgefühl verleiht er in starken Worten Ausdruck. „Das arme Schwein wurde nun in ganz Deutschland durchgereicht“, sagt Drescher und verweist auf entsprechendes Medienecho, das den Vorfall im Süden der Republik auch bis ganz in den Norden gespült hat.

Kritik am Medienecho

In der Berichterstattung sei so getan worden, als ob der Mann „der Vollidiot“ gewesen sei, der nicht wusste „wie die Gerätschaften zu bedienen“ seien, fasst Drescher zusammen. „Wegen einer Fehlhandlung gibt’s einen Riesenalarm im Blätterwald“. Es spreche niemand über die „99 Prozent, in denen es klappt. Das ist Deutschland, das ist Medienpolitik“, kritisiert der PSU-Chef.

Aktionsbündnis fordert Betriebspause

Tatsächlich gab es reichlich Häme nach dem Vorfall am Montag. Die im „Aktionsbündnis gegen Stuttgart 21“ zusammengeschlossenen Projektkritiker ließen per Pressemitteilung wissen: „Wer den Schaden (verursacht) hat, braucht für den Spott nicht zu sorgen“. Der „blamable Start der Neubaustrecke Stuttgart-Ulm“ habe „schlimmste Befürchtungen“ausgelöst. Wie schon in der Vergangenheit wiederholt, fordern die Projektgegner auch dieses Mal ein Innehalten. „Erforderlich ist daher eine Betriebspause“ Ein Neustart dürfe erst erfolgen, „wenn ein zuverlässiger Betrieb sichergestellt ist“.