Alexander Neander und Wolfram von Bodecker präsentieren die Pantomime „Hereingeschneit“. Neander ist von 1976 an 13 Jahre lang selbst an der Haußmannstraße zur Schule gegangen, ein Heimspiel also.

Lokales: Armin Friedl (dl)

S-Mitte - Als wäre das mit dem derzeitigen Wetter geplant gewesen: „Hereingeschneit!“ heißt das Programm des Pantomimen-Duos Alexander Neander und Wolfram von Bodecker, das am 23. Februar in der Freien Waldorfschule auf der Uhlandshöhe gastiert. Beginn ist um 19 Uhr im Großen Festsaal.

 

Der Inhalt in Kürze: In einem Dorf in den Bergen leben sieben Bewohner in völliger Einsamkeit. Eines Nachts wird das Dorf von einem Schneetreiben überrascht, das dann doch mehrere Jahre andauert. Die Menschen können nun nicht mehr untereinander kommunzieren, verfallen in einen tiefen, langanhaltenden Schlaf und träumen. Lange später erzählen sie sich ihre Träume – tragikomische und surrealistische Geschichten.

Theater, Orchester, Handwerkliches – ohne Leistungsdruck

Die beiden Künstler haben schon öfters in der Waldorf-Schule mit ihren Progammen gastiert. Für Neander ist dies immer die Rückkehr zu einem besonderen Ort: „Von 1976 an bin ich dort in die Schule gegangen, 13 Jahre lang. Es hat mir dort immer sehr gut gefallen, diese Schule hat mein ganzes Leben geprägt. Die Art und Weise, wie hier Unterricht gemacht wird, ist mir sehr entgegengekommen. Ob Theater, Orchester, Instrumentenkunde oder Handwerkliches – hier war viel Platz für solche Dinge ohne größeren Leistungsdruck“.

Eine Nähe zu diesen Dingen wurde ihm gewissermaßen in die Wiege gelegt: Sein Vater war Kontrabassist beim Stuttgarter Kammerorchester. Die Klassikfans wissen, dass diese 1960er und 1970er Jahre eine absolute Blütezeit dieses Ensembles waren unter der Leitung ihres Gründers Karl Münchinger. „Dort zu sein bei den Proben, Konzerten und Tourneen, das war für mich ganz selbstverständlich“, erinnert sich Neander, „so war auch klar, dass ich nach der Schule einen künstlerischen Weg einschlagen werde.“ Die Frage war nur: welche Richtung, Musik oder Theater? Die Antwort dazu bekam Neander ebenfalls in Stuttgart. Marcel Marceau gastierte in jenen Jahren am Stuttgarter Staatstheater, und von da an war für den Jungen klar: Pantomime musste es sein, das Erzählen von Geschichten ohne Requisiten und ohne Worte, dafür viel mit Gesten, Emotionen und Musik. Da war es gut, dass sich mit Peter Makal schon damals eine Größe der internationalen Pantomimeszene in Stuttgart niedergelassen hatte mit seinem Makal-City-Theater: „Dort habe ich begonnen, Pantomime zu lernen, von 1983 an“, erinnert sich Neander: „Das war allein schon deshalb etwas ganz besonderes, weil Makal ja Schüler von Marcel Marceau war.“

Unterricht bei Marcel Marceau selbst

1992 ist Neander dann nach Paris gegangen zum Unterricht bei Marceau. Dort hat er seinen Bühnenpartner von Bodecker kennengelernt, gemeinsam haben sie Marceau auf seiner Abschiedstournee im Jahr 2004 begleitet. Doch noch weilen seine Erinnerungen in Stuttgart: „Wenn an der Schule Festivitäten geplant wurden, hat man mich um Aufführungsbeiträge gebeten.“ In der Stadt selbst erinnert sich Neander an diverse Jugendwettbewerbe, ausgerichtet von den Banken und den Tageszeitungen vor Ort: „Andrea Weller hat mir damals einen Ersten Preis überreicht als bester Pantomime“, erinnert er sich. Und später? „15 Jahre lang habe ich in Paris gelebt, wo ich ja auch geboren wurde, meine Mutter war Französin. Seitdem lebe ich wieder in Deutschland, allerdings in Berlin. Nach Stuttgart komme ich gerne immer wieder mit meinem künstlerischen Partner und mit unseren Programmen, ungefähr alle zwei Jahre. Die Verbindung ist immer noch sehr eng, das Schulkollegium freut sich stets auf unsere Auftritte. Und der Festsaal ist extrem gut ausgestattet“, so Neander. Das ist gut für Gastspiele. Doch dort werden auch viele Eigenproduktionen aus der Schule selbst gezeigt: „Das ist Gold wert, hier kann gezeigt werden, dass es auch Kultur gibt jenseits von Fernsehen oder von teuren Gastspielen und Produktionen in den großen Hallen einer Stadt.“

Heute ist Neander mit seinem Bühnenpartner von Bodecker viel unterwegs mit etwa 100 Auftritten jährlich, auch in der ganzen Welt. Waldorf-Schulen gehören dazu. Neander kennt deshalb die Unterschiede: „Jede ist anders aufgebaut. Nach wie vor werden sehr viele künstlerische Fächer angeboten, an staatlichen Schulen werden die eher abgebaut. Das fördert Individualität und Offenheit, da hier mehr auf den Einzelnen eingegangen wird. Doch so eine Waldorf-Schule wie auf der Uhlandshöhe habe ich bislang noch nicht angetroffen.“

Als ein typisches anthroposophisches Programm will Neander sein „Hereingeschneit!“ aber nicht werten: „Hier werden Geschichten erzählt, wie es alle Menschen auf dieser Welt machen. Da ist für jeden Kulturkreis, für jede Altersgruppe etwas dabei. Wir präsentieren hier mit der Pantomime ja eine universelle Theaterform wie im alten Griechenland.“ Ganz frei von Waldorf-typischen Übungen ist sein Spiel freilich nicht: „Dort wird ja die Eurythmie gelernt. Als Schüler haben wir das eher nicht geliebt, weil wir nicht wirklich verstanden haben, wozu das gut sein soll. Heute ist mir diese Form von Bewegung eine große Hilfe in meinem Spiel, heute verstehe ich, dass dies sehr nützlich war.“