Einstimmig hat der Gemeinderat eine Erklärung verabschiedet, die sich gegen den Bau eines neuen Supermarkts auf dem Gelände der Panzerkaserne ausspricht. Auch wegen des zunehmenden Schießlärms geht die Stadt auf Konfrontationskurs.

Böblingen: Kathrin Haasis (kat)

Böblingen - Den Wünschen der US-Gaststreitkräfte hat sich die Stadt Böblingen bislang nie widersetzt. Aber am Mittwoch verweigerte der Gemeinderat erstmals die Zustimmung zu Ausbauplänen für die Panzerkaserne. Dort soll in den kommenden zwei Jahren ein zentraler Supermarkt für alle in der Region Stuttgart stationierten Soldaten entstehen. Laut einer Untersuchung ist die an der Kaserne vorbeiführende Kreisstraße dem zusätzlichen Verkehr allerdings nicht gewachsen. „Diese Auswirkungen sind nicht hinnehmbar“, erklärte der Erste Bürgermeister Tobais Heizmann in der Sitzung. In der Debatte im Gemeinderat drang jedoch auch das Thema Schießlärm durch: „Unser Unmut ist richtig, richtig groß“, sagte der SPD-Fraktionschef Florian Wahl.

 

Das übliche Genehmigungsverfahren bleibt den Amerikanern erspart

Stoppen kann der städtische Widerspruch den Supermarkt nicht. Das für solche Bauprojekte zuständige Bundesverteidigungsministerium muss nun zwar die Landesbehörden an dem Verfahren beteiligen. Aber die Entscheidungshoheit bleibt in Berlin. Was in der Kaserne passiert, fällt unter das Nato-Truppenstatut, erklärte Tobias Heizmann: „Darin ist festgelegt, dass so eine Maßnahme zu unserem Unwohl nach dem Bedarf der Gäste geht.“ Das übliche Genehmigungsverfahren bleibt den Amerikanern erspart. Mit ihrem Widerspruch fordert die Stadt auch eine Schallschutzuntersuchung zu den Auswirkungen des Supermarktes auf die benachbarten Wohngebiete. Außerdem regt sie beim Stuttgarter Regierungspräsidium an, eine Arbeitsgruppe einzurichten, der Vertreter der US-Streitkräfte angehören.

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„Wir stehen vor einer Grundsatzentscheidung“, sagte Willi-Reinhart Braumann (CDU). Bislang habe der Gemeinderat die Wünsche der Amerikaner stets ge- und ertragen. Wie Florian Wahl stellte auch er die Verbindung zum Schießlärm her: „Da tut sich seit Jahren nichts.“ Er forderte, den Stuttgarter Garnisonskommandanten Neal Corson in eine Sitzung einzuladen. Sein Fraktionschef Hans-Dieter Schühle ging noch einen Schritt weiter. „Trump sagt ‚America first‘, ich sage ‚Böblingen first‘“, erklärte er und wiederholte seine Überzeugung, dass die US-Streitkräfte beim Schießlärm erst dann einlenken, wenn die Böblinger Bürger vor der Kaserne demonstrieren. Dass die Soldaten weder die vereinbarten Schießpläne noch die Nachtruhe einhalten, ist für ihn „eine Respektlosigkeit in der Partnerschaft“.

Das Verhältnis zu den US-Soldaten aufarbeiten

Sowohl in Sachen Schießlärm als auch beim Thema Supermarkt will die SPD ebenfalls Druck aufbauen. Für den guten Willen gegenüber den US-Streitkräften fehle in der Bevölkerung langsam das Verständnis, sagte Florian Wahl. Er bemängelte das Ungleichgewicht im Verhältnis mit den Amerikanern und zog den Vergleich mit David und Goliath. „Man muss Pakete schnüren, um eine Gesamtlösung zu finden“, meinte der Sozialdemokrat. Sven Reisch will das Verhältnis zu den US-Soldaten grundsätzlich aufarbeiten. Teil des Problems sei, dass immer nur der konkrete Fall besprochen werde und die Stadt nie mitentscheiden dürfe. „Wir haben den Anspruch, beteiligt zu werden“, sagte der Fraktionschef der Grünen. Helmut Kurtz äußerte die Befürchtung, dass noch mehr zentrale Einrichtungen in die Panzerkaserne verlagert werden. Von dem Ende April anstehenden Gespräch im CDU-geführten Bundesverteidigungsministerium hat der FDP-Stadtrat keine große Erwartungen.

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„Am Terminus amerikanische Freunde will ich festhalten“, sagte der designierte Böblinger Oberbürgermeister Stefan Belz (Grüne). Er werde am 25. April der Überbringer der Nachricht sein, wenn das Gespräch mit Vertretern der US-Streitkräfte stattfindet. Dass der Gemeinderat seinen Unmut ausdrücke, hält er für einen wichtigen Schritt. Damit steige der Druck. „Der Knackpunkt ist, dass die Entscheidungen in Washington getroffen werden“, meinte der Noch-Stadtrat, die Stadt habe keine Mitwirkungsmöglichkeit. Trotzdem wollen Gemeinderat und Verwaltung das Thema nach Böblingen holen: Neben dem Colonel sollen noch US-Vertreter mit Einfluss beim Schießlärm und bei den Supermarktplänen in eine Sitzung eingeladen werden.