Schluss mit dem Versteckspiel – Psychiatrie-Erfahrene feiern in Stuttgart den ersten Mad Pride Day.

Gesundheit für Menschen in Stuttgart: Carolin Klinger (klic)

Auf ein ernstes Thema mit viel Fröhlichkeit hinweisen – das soll der erste Mad Pride Day in Stuttgart erreichen: „Wir wollen das Thema psychische Erkrankungen und Krisen – mit allen sozialen Aspekten, die damit zusammenhängen – sichtbar machen“, sagt Thomas Rahmann vom Landesverband Psychiatrie-Erfahrener Baden-Württemberg. Es solle auch eine bestärkende Veranstaltung sein, ein positives Erlebnis. „Wir zeigen damit, dass wir hier sind und uns nicht verstecken müssen.“

 

Mit dem Mad Pride Day wollen Psychiatrie-Erfahrene gegen Diskriminierung und Stigmatisierung psychisch erkrankter Menschen kämpfen – und gleichzeitig die Vielfalt feiern. Bereits im Jahr 1993 entstand die „Mad-Pride“-Bewegung in Toronto mit dem Ziel, Vorurteile und Diskriminierung gegenüber psychisch Erkrankten abzubauen.

Erster Mad Pride Day auch in Stuttgart

In Deutschland sollte es noch zehn Jahre dauern, bis der Mad Pride Day erstmals nach Berlin kam. Inzwischen wird der Mad Pride Day in vielen Städten auf der ganzen Welt mit Paraden, Konzerten, Workshops, Kunstausstellungen und Diskussionsforen begangen. Auch in Stuttgart wird am Samstag, 11. Oktober, erstmals ein Mad Pride Day stattfinden.

Von psychischem Krisen seien viele Menschen betroffen, jedoch sei das Thema in der Öffentlichkeit noch nicht sichtbar genug, stellt Rahmann fest: „Psychische Erkrankungen sind in der Öffentlichkeit oft nur dann Thema, wenn es um Gewaltakte psychisch erkrankter Täter geht.“ Das produziere ein Zerrbild, denn verschiedene wissenschaftliche Studien zeigen, dass Menschen mit psychischen Erkrankungen weitaus häufiger Opfer von Gewalt als Täter werden.

Auf Missstände aufmerksam machen

Nach wie vor erfahren psychisch Erkrankte Diskriminierung und sind häufiger von Armut betroffen. Rahmann kritisiert, dass es für Betroffene oft keine Möglichkeit gibt, am sogenannten ersten Arbeitsmarkt teilzunehmen, wo Bezahlung und Anerkennung in der Regel wesentlich höher sind. „Die strukturellen Bedingungen – beispielsweise was Rückzugsmöglichkeiten auf dem Arbeitsplatz angeht – müssten sich ändern, um Menschen mit psychischen Krisen nicht auszuschließen“, fordert er.

Auf diese Missstände soll der Mad Pride Day hinweisen – jedoch nicht zuletzt auch für schöne Momente und Begegnungen sorgen.

Mad Pride Day Stuttgart

Ablauf
Die Parade wird am Samstag, 11. Oktober, um 13.30 Uhr beginnen und von der Lautenschlagerstraße bis zum Marktplatz gehen. Auf dem Marktplatz werden von 15 Uhr an auf einer Bühne Reden und Theaterbeiträge mit Musik zu sehen sein.

Podiumsdiskussion
Der zweite Teil der Veranstaltung findet ab 16.30 Uhr in der CVJM-Halle (Büchsenstraße 37) mit einer Podiumsdiskussion statt. Das Thema ist die Darstellung von Menschen mit psychischer Krankheit in den Medien. Teilnehmende sind unter anderem Lea de Gregorio und Cordt Winkler – beide Sprecher zum Thema Psychiatrie-Erfahrung. Auch Nina Ayerle, Journalistin bei Stuttgarter Zeitung und Stuttgarter Nachrichten, wird am Podium teilnehmen.