Manteldesk: Thomas Schwarz (hsw)

„Angst und Entsetzen, Schock und Trauer blieben von jenem Tag“, sagte der Winnender Oberbürgermeister Hartmut Holzwarth während der Gedenkfeier zum siebten Jahrestag des Massakers in diesem Frühjahr. Holzwarth erinnerte daran, dass jener Tag für viele eine Zäsur im Leben darstelle. Für die Angehörigen, aber auch jene, die das Massaker als Schüler oder Lehrer miterleben mussten, teilt das Datum das Leben in ein davor und ein danach ein. „In Winnenden weiß jeder, der vom Amoklauf betroffen ist, genau, wo er an jenem Tag war, als es geschah“, sagte eine Besucherin der Trauerfeier.

 

Bis heute sind Nachwirkungen des Schulmassakers zu spüren, vor allem bei den Angehörigen der Getöteten und denen, welche die Gräueltat unmittelbar miterlebten. Einige sind bis heute schwer traumatisiert. Eine junge Lehrerin, die während des Amoklaufs ihre Klasse aus dem Schulgebäude in Sicherheit brachte, ist arbeitsunfähig. Die engagierte Pädagogin, die einige der verängstigten Kinder trug, erlebte ein Jahr später an einer anderen Schule einen Amok-Alarm, der sich als falscher entpuppte. Ihr Schicksal wurde in der Öffentlichkeit bekannt, da ihr das Land kein erhöhtes Unfallruhegehalt zahlen wollte und sie erfolgreich vor dem Verwaltungsgericht klagte.

Eine Diagnose ist angesichts der Umstände schwierig

Die Motive des jugendlichen Täters können im Nachhinein auch von Experten nur schwer diagnostiziert werden. Da sich die meisten Amoktäter selbst töten, fehlt die wichtigste Quelle für Psychiater und Psychologen: das persönliche Gespräch mit dem Täter. Mehrere forensische Sachverständige waren beauftragt, Gutachten über den 17-Jährigen anzufertigen, zum Teil mit widersprüchlichen Ergebnissen. Zuletzt referierte der renommierte Jugendpsychiater Professor Helmut Remschmidt in diesem Frühjahr vor dem Landgericht Heilbronn als Gutachter seine Diagnose, die er aus den Angaben über Tim K. hatte. Seiner Meinung nach und auch der einiger anderer Experten, hatte der Jugendliche eine Persönlichkeitsstörung.

Die Stiftung gegen Gewalt an Schulen, die in Winnenden nach dem Amoklauf gegründet wurde, wendet sich in ihrer Arbeit gezielt gegen Mobbing. Ein Erklärungsansatz für die Tat lautet, dass Kränkungen – ob bewusst oder unbewusst – das Motiv für die Tat gewesen seien. Da narzistische Menschen sehr empfindlich sind, wäre es möglich, dass Mitschüler gar nicht gemerkt hätten, welche Reaktionen sie auslösten.