Wer beim Parkour Hindernisse möglichst elegant überwinden will, braucht Körperbeherrschung und Mut.

Stuttgart - Einige Passanten schütteln den Kopf, andere bleiben stehen und nicken anerkennend, als sich Lukas Grabenhof im Eingangsbereich des Stuttgarter U-Bahnhofs Rathaus zwischen einigen Geländern locker durchschwingt und wohlbehalten auf beiden Beinen ankommt. Zwei kleine Mauern überwindet der 15-Jährige mit einem sogenannten Speed Vault, einer von vielen Basisbewegungen im Parkour.

 

Man nutzt alle möglichen Hindernisse

Das Areal ist neu für ihn. Mit einem geschulten Blick hat er das abfallende Gelände hinter der Eberhardstraße gescannt – und in seinem Kopf ist dann schnell eine Choreografie entstanden, wie er in fließenden Bewegungen einen Weg finden kann. Für seinen Sport nutzt er alles, was die Örtlichkeit bietet: Mauern, Streben, Hindernisse. Richtig entspannt kann er gar nicht mehr durch die Stadt gehen. „Immer, wenn ich irgendwo zum ersten Mal bin, wird die Umgebung gecheckt, ob sich was für Parkour anbietet“, sagt der Realschüler aus Fellbach.

Parkour kann man fast überall machen

Das Schöne an Parkour ist, dass man es fast überall ausüben kann, wenn man die Bewegungen draufhat. Diese heißen bei den Parkourläufern, auch Traceure genannt, Moves. Parkour fordert den Körper und fördert die Kraft, Beweglichkeit, Geschicklichkeit und Entschlossenheit. „Es ist ein Wettkampf mit sich selbst“, sagt Lukas, der am liebsten in der Gruppe trainiert. Hier kann er sich von den Bewegungen inspirieren lassen und durch Nachahmung lernen. Bis zu drei Stunden ist er dabei mit seinen Kumpels unterwegs.

Der Sport kommt aus Frankreich

Parkour kommt aus Frankreich. Entwickelt wurde es in den späten 80ern von dem ehemaligen Soldaten Raymond Belle. Bekannt wurde die Trendsportart dann etwa durch Filme. In „Casino Royale“ (2006) jagt James Bond einen Widersacher kreuz und quer über eine Großbaustelle. Doch anders als im Film wird die Kunst in Stuttgart meist auf öffentlichem Gelände praktiziert – wie von Lukas am U-Bahn-Eingang. Aber auch am Kleinen Schlossplatz treffen sich die Traceure. Und auf dem Unigelände in Vaihingen: „Dort kann man die kreativsten Choreos entwickeln“, sagt Lukas.

Begonnen hat für ihn alles mit einem Workshop vor vier Jahren in der Trendsport-Academy beim SV Fellbach. Eigentlich wollte er turnen. Doch das Hindernis-Turnen motivierte ihn dann mehr als Kastensprünge. „Man ist in diesem Sport komplett frei und stößt doch immer wieder an Grenzen“, beschreibt Lukas seine Faszination. Zwischen Traceuren gibt es keinen Konkurrenzkampf, sie treiben sich gegenseitig an: „Es geht nicht darum, dass ich besser bin als andere, sondern dass ich besser bin als letzte Woche.“

Stunts sind eher verpönt

Wer Kraft, Kreativität und Spaß an Bewegung mitbringt, macht schnell Fortschritte. Es ist eine überschaubare Anzahl von Basismoves, die man beherrschen muss, um schonend, sicher und schnell über ein Hindernis zu kommen. Es geht nicht darum, cool zu wirken – Stunts und Tricks sind eher verpönt. Aufwärmen ist natürlich auch wichtig. Lukas lässt jedes Gelenk in alle Richtungen kreisen. Und los geht’s. Es treibt ihn an, irgendwann einmal die Stadt durchqueren zu können, ohne Mauern und Gittern ausweichen zu müssen, ohne zu unterbrechen: „Das Tolle ist, dass man nie auslernt.“ / Alle Serienteile auf einen Blick online unter
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