Mauern, Zäune und Stacheldraht schotten den Park der Villa Reitzenstein für gewöhnlich ab. Erstmals öffnet der Landesvater Winfried Kretschmann jetzt das Gartentor und zeigt Bürgern seine Blumen und Bienen.

Stuttgart  - Ministerpräsident Winfried Kretschmann trägt heute Turnschuhe. In eine schwarze Regenjacke gehüllt, steht er auf einem grünen Hügel im Garten der Villa Reitzenstein, die heute zum ersten Mal ihre Tore für Besucher geöffnet hat. Mit einem Zeigefinger deutet er auf die Fahne auf der Kuppel seines prächtigen Amtssitzes. „Die Landesfahne weht immer, nicht nur wenn ich da bin“, erzählt er den rund 400 Besuchern, die ihm am Samstag durch die verwinkelten Gassen des Gartens folgen. „Ich bin ja nur ein Ministerpräsident und nicht der König von Baden-Württemberg.“

 

Und weil Kretschmann „nur ein Ministerpräsident“ ist, bot er den Bürgern auch höchstpersönlich eine Führung durch die ehemals königliche Botanik. Bisher war der Park für Besucher Sperrzone. Mauern, Zäune und Stacheldraht schotteten das grüne Kleinod hermetisch vom Volk ab. „Zum Glück können jetzt alle diese herrliche Aussicht auf Stuttgart genießen“, sagt Kretschmann am Lindenplatz unterhalb der Terrasse der Villa. Dort gibt es eine von zwei mächtigen Mammutbäumen umrahmte Aussicht auf die Stadt.

Kretschmann ist von Haus aus Biologe

„Ich bin ja von Haus Biologe“, betont Kretschmann. Der Landesvater führt seine Gäste über die 100 Jahre alte Parkanlage, die etwa so groß ist wie fünf Fußballfelder. Dabei zeigt er seinen Gästen, was der Garten zu bieten hat: Uralte Linden, mächtige Mammutbäume, eine Orchideenwiese, einen Felsengarten, Hängebuchen sowie ein Biotop mit Teich in der Nähe des sogenannten Tempiettos, einem kleinen Tempelchen.

Der Ministerpräsident weiß seinen Besuchern einiges zu erzählen. Zum Beispiel, dass die prächtigen Hängebuchen schon ein stolzes Alter von 3000 Jahren erreicht haben. Oder dass es in Baden-Württemberg etwa 450 verschiedene Arten von Wildbienen gibt. Für die hat er ohnehin ein Faible. „Denn die Bienen liefern den wertvollen Regierungshonig“, sagt er vor dem Insektenhotel für Wildbienen. Über dieses Geschenk freue sich jeder Staatsgast - „wenn es was zum Schlecken gibt.“ Die ersten Portionen habe er selbst geschleudert. Etwa 50 bis 80 Kilo Honig seien es, „was unsere Völkchen aus dem Umkreis sammeln.“

Plaudern aus dem Nähkästchen

Der Landesvater plaudert aus dem Nähkästchen. Auf den Stufen des Tempiettos deutet er auf die Parkbänke: „Da mache ich meine anstrengenden Liegestütze“, berichtet Kretschmann. Zweimal zwölf schaffe er. Einmal in der Woche gehe er auch Joggen und treibe im Park Frühsport. „Das strengt mich immer wahnsinnig an.“

Die botanische Tour soll ein „Schritt zu mehr Offenheit und Toleranz“ sein, sagt Kretschmann. „Wir sind eine Bürgerregierung“ und eine Regierung dürfe sich nie vom Volk abschotten. Soviel Nähe kommt an. „Ein Ministerpräsident, der über Wildbienen spricht - das ist einfach super“, kommentiert ein Besucher. Ein anderer Gast sagt: „Sie machen das toll, wir sind stolz auf Sie, Herr Kretschmann.“

Weitere Öffnungstage sind der 19. und 26. Oktober sowie der 2. November, jeweils von 10 bis 17 Uhr. Am 26. Oktober ist eine weitere Führung gegen 14 Uhr vorgesehen. Anmeldungen sind unter der Telefonnummer 0711/2153258 möglich.