Mithilfe digitaler Technik soll städtischer Parkraum in Leonberg künftig optimal gemanagt und genutzt werden. Die Verwaltung erhofft sich damit zusätzliche Einnahmen.

Leonberg - Es ist ein leidiges Dauer-Thema, das Parken in der Stadt. Schon lange wird beispielsweise das Ticketsystem in Leonbergs Parkhäusern diskutiert. Als die Stadtwerke im Jahr 2016 das Parkhaus in der Altstadt übernommen hatten, wurden die Schranken abgeschafft. Seitdem können die Kunden ungehindert rund um die Uhr einfahren, müssen aber ein Ticket für die geplante Parkdauer lösen. Wird allerdings die Zeit überschritten, riskiert man einen Strafzettel. Deshalb ist dieses System nach wie vor stark umstritten. Kritiker meinen, so genau könne man die Parkdauer in den meisten Fällen gar nicht voraussehen.

 

Wenn der Arztbesuch länger dauert

Denn wie oft dauert der Arztbesuch einfach länger, oder auch der Einkauf in der Stadt? Am Leobad ist das Parken bislang kostenfrei, der Bedarf an Parkraum an dieser Stelle ist durch die angrenzenden Sportstätten groß, gleich nebenan ist das Industriegebiet Hertich. Laut Stadtverwaltung dürfen dort normale Autos legal abgestellt werden. Das Parken von Lkw, Lieferwagen oder Baustellenfahrzeugen sei allerdings nicht gestattet. Hier seien regelmäßig Kontrolleure des Ordnungsamtes unterwegs.

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Wie der städtische Parkraum in Zukunft mit Hilfe digitaler Technik optimal genutzt werden – und die Verwaltung dabei zusätzliche Einnahmen generieren kann, das stellte Leonbergs Oberbürgermeister Martin Georg Cohn (SPD) den Stadträten jetzt vor. An seiner Seite hatte er den Parkexperten Sebastian Löffler, Geschäftsführer des Stuttgarter Unternehmens Nexobility, das deutschlandweit mit seinen Konzepten am Start ist.

„Die Frage ist doch, wie ich mit Systematik die Parkplätze entlasten und besser auslasten kann“, sagte Löffler und nennt als Beispiel den Platz vor dem Leonberger Rathaus. „Tagsüber ist dort das Parken derzeit kostenfrei, nachts könnte man die Plätze an die Anwohner vermieten.“ Alle möglichen Konzepte, wie das Parken künftig aussehen könnte – auch unter Berücksichtigung beispielsweise der Badegäste von Hallenbad, Sauna und Leobad – würde er, vorausgesetzt er bekommt den Auftrag, bis ins Detail mit der Stadtverwaltung planen.

Unauffällig installierte Kameras

Grundlage hierfür sollen intelligente Systeme sein, die auf den städtischen Parkplätzen die Autokennzeichen beim Ein- und Ausfahren mithilfe von unauffällig installierten Kameras digital erfassen. Die Parkdauer der Kunden wird exakt bemessen und mit einer Datenbank abgeglichen. Die Bezahlung erfolgt per Eingabe des Kennzeichens. „Wir arbeiten mit Anbietern gängiger Apps zusammen“, sagt Sebastian Löffler. „Für Nutzer, die kein Handy haben, sind weiterhin Automaten möglich, wo man dann auch wie bisher bezahlen kann.“

Dadurch könne größtenteils auf manuelle Parkkontrollen sowie die Ausstellung von Parkausweisen in Papierform oder die Nutzung von Parkscheiben verzichtet werden. Schrankenanlagen, die bisher vielleicht zu Rückstau und Problemen bei der Bedienung geführt hätte, seien nicht mehr notwendig.

Konfrontation mit Falschparkern entfällt

Doch nicht nur an die Nutzer denkt Oberbürgermeister Martin Georg Cohn. Sondern auch an das Wohl und die Entlastung seiner Mitarbeiter beim Ordnungsamt. Denn mit einem digitalen Parkraummanagement sei kein Personal mehr notwendig, das Falschparker kontrolliert. Mögliche Konfrontationen mit ihnen, die sich möglicherweise über das Knöllchen ärgern, würde es künftig auch nicht mehr geben, denn die Falschparker werden automatisch erfasst. Sie bekämen per Post den Bußgeldbescheid ins Haus geschickt.

Ob dieses System mit dem Datenschutz vereinbar sei, wollte der FDP-Stadtrat Dieter Maurmaier von dem Parkexperten wissen. „An der Einfahrt muss mit einem entsprechenden Symbol auf die Videokameras aufmerksam gemacht werden“, sagte Sebastian Löffler. „Und was die Daten betrifft, verfolgen wir einen Minimalismus, sobald die Zahlung abgeschlossen ist, werden sie gelöscht und in keiner Cloud gespeichert.“

Verlagert sich der Verkehr in die Nebenstraßen?

Für Jörg Langer von der Fraktion der Freien Wähler hören sich die Pläne der Verwaltung grundsätzlich ganz gut an. „Doch meine Befürchtung ist, dass sich der Verkehr in die Nebenstraßen verlagert und die Leute sich dort einen kostenfreien Parkplatz suchen werden.“ Und auch Langer äußerte Bedenken, ob der Datenschutz gewährleistet sei. „Das erinnert mich eher an einen Überwachungsstaat.“ Diese Argumentation konnte Oberbürgermeister Cohn nicht nachvollziehen:. „Wenn man etwas nicht will, kann man alles unter dem Deckmantel des Datenschutzes zunichtemachen.“ Positiv sei für ihn, dass das geplante System für die Analyse von Parkverhalten, -häufigkeit und –dauer genutzt werden könne. Dies seien wichtige Daten in der Verkehrsplanung, die bei manueller Erfassung in der Regel mit hohen Erhebungskosten verbunden seien.

Der Verwaltung schwebt nun vor, das System erst einmal auf den Parkplätzen am Rathaus, am Hallenbad und am Leobad in einem sechsmonatigen Probelauf zu testen und bei einem positivem Ergebnis dauerhaft umzusetzen – auch auf anderen Parkplätzen, um ein „einheitliches digitales Bewirtschaftungskonzept der Leonberger Parkflächen zu erreichen“. Die Verwaltung hat verschiedene Anbieter geprüft und die Firma Nexobility als kompetenten und konstruktiven Anbieter ausgemacht. „Der Auftrag wird aber nicht automatisch an diese Firma vergeben, wir werden das Projekt ausschreiben und auch andere Angebote einholen“, so Cohn.