Parken in Stuttgart-Degerloch Neue Parkzone verdrängt Autos nach draußen

Das neue Parkraummanagement im Stadtbezirk Degerloch funktioniert – jedenfalls zum großen Teil. Foto: Caroline Holowiecki

Seit 2023 werden die Parkplätze im Degerlocher Zentrum bewirtschaftet. Die Bilanz: Die Stadt ist zufrieden, jedoch gibt es starke Verdrängungseffekte innerhalb des Bezirks. Wo könnte nachgebessert werden – und vor allem wann?

Früher kostenfrei, heute nur mit Parkschein: Im Zentrum von Degerloch wurde im April 2023 ein sogenanntes Parkraummanagement eingeführt. Seither ist im Gebiet namens De1, das grob von der Löffelstraße im Norden, der Karl-Pfaff-Straße im Osten, der Albstraße im Westen sowie der Leinfeldener Straße im Süden begrenzt wird, montags bis samstags zwischen 8 und 22 Uhr das Parken gebührenpflichtig – außer, man kann einen Bewohnerparkausweis hinter die Scheibe legen. Sonderregelungen gelten für Handwerker, Gewerbetreibende oder soziale Dienste.

 

Damit gibt es nun bewirtschaftete Parkzonen in den Bezirken Mitte, West, Süd, Nord, Ost, Bad Cannstatt, Untertürkheim, Vaihingen, Zuffenhausen und eben auch Degerloch. Die ersten Gebiete in Stuttgart wurden 2011 ausgewiesen. Für rund 42 000 Stellplätze muss mittlerweile bezahlt werden. Das Ziel ist klar: Die Parksituation für die Bewohnerschaft soll verbessert werden, denn Parkraum ist in Stuttgart vielerorts knapp. „Autos werden deshalb oft widerrechtlich oder auf Gehwegen und im Halteverbot abgestellt. Das gefährdet Fußgänger und versperrt anderen Autofahrern die Sicht“, heißt es auf der Homepage der Stadt. Hinzu kommt im Fall von Degerloch: Viele Pendler stellen hier ihre Autos ab, um dann bequem in die Stadtbahn Richtung Zentrum zu steigen.

In der Bevölkerung ist man zwiegespalten

Gut anderthalb Jahre später ist man bei der Stadt mit der De1-Regelung zufrieden. „Man kann schon sagen, es wirkt. Richtig gut sogar“, sagte Jens Schedlbauer vom Stadtplanungsamt in der jüngsten Sitzung des örtlichen Bezirksbeirats. Im fraglichen Gebiet gibt es demnach 535 Stellplätze, und deren Auslastung ist vor allem morgens deutlich gesunken. Bei Kontrollen werktags um 10 Uhr sind laut Jens Schedlbauer knapp 77 Prozent belegt gewesen; 18,3 Prozent weniger als zuvor.

In der Bevölkerung ist man jedoch zwiegespalten. Während sich die Situation für den Handel deutlich verbessert habe, wie in der Sitzung zu hören war, sprechen Anwohner von einem teils massiven Verdrängungseffekt in andere Gebiete des Bezirks. „Die Trauernden bekommen reihenweise Knöllchen“, monierte zudem die Leiterin des Hospiz-Trauerzentrums. Woran sich in Degerloch besonders viele stören, ist, dass die Parkregelung bis 22 Uhr gilt. Tenor in der Sitzung: Bis 18 Uhr wäre absolut ausreichend, wobei Jens Schedlbauer mit einer stadtweit einheitlichen Zeitregelung argumentierte. „Das ist für die Akzeptanz wichtig“, sagte er. Was in Degerloch zusätzlich zu Verdruss führt: Straßen an den Rändern der Parkzone, etwa die Karl-Pfaff-Straße, sind nur einseitig bewirtschaftet. Wer also auf der falschen Straßenseite wohnt, hat kein Anrecht auf einen Parkausweis und bei der täglichen Stellplatzsuche schlechte Karten. „Die FrAktion“ hat daher in der Sitzung einen Antrag eingebracht, wonach diese Ungleichheit aufgehoben werden soll.

Wo könnte ergänzt werden?

Dass es tatsächlich relevante Verdrängungseffekte gibt, hat auch die Kontrolle der Stadt ergeben. Demnach werden Autos nun mit Vorliebe an den Straßen rund um die Parkzone De1 abgestellt. Zwischen 6,3 und 10,8 Prozent habe der Parkdruck zugenommen. Besonders nachts ist auch die Zahl der Autos in Richtung Sonnenberg gestiegen – um mehr als zwölf Prozent. Westlich und südwestlich der Albstraße sieht Schedlbauer einen „Kandidaten, über den man für die nächste Umsetzungsstufe diskutieren könnte“, auch südlich von De1, in Richtung Reutlinger Straße, und nach Nordwesten gen Sonnenberg sähe er „sinnvolle Ergänzungsteile“. Die verwaltungsinterne Abstimmung steht noch aus, heißt es im Nachgang zur Sitzung aus dem Fachamt. So oder so: Bis sich etwas tut, kann es dauern. Laut Jens Schedlbauer wird die Einrichtung neuer Parkzonen in Degerloch überhaupt erst für den Doppelhaushalt 2028/29 relevant.

Wann kommt wo das Anwohnerparken?

Ausbau
Das Anwohnerparken wird in Stuttgart sukzessive ausgebaut. Die Voraussetzungen ergeben sich aus Paragraf 45 der Straßenverkehrsordnung. 2025 werden bereits beschlossene Teilgebiete der Umsetzungsstufe „Optionsgebiete“ umgesetzt, heißt es aus dem Fachamt. Dazu gehören Areale in Gaisburg, Vaihingen und Nord, Espan, das Schlachthofviertel und das Benzviertel Untertürkheim.

Pilotprojekt
Weitere mögliche Gebiete sind noch nicht mit einem Beschluss hinterlegt, unter anderem Kaltental, die Wallmersiedlung in Untertürkheim oder die Cannstatter Wohngebiete Altenburg, Hallschlag und Schmidener Vorstadt. Perspektivisch wird von der Stadt zudem die Redimensionierung und Bewirtschaftung des Parkraumangebots in Gewerbegebieten sowie Sport- und Freizeitarealen angestrebt, sofern straßen- und verkehrsrechtliche Voraussetzungen erfüllt sind. Als Pilotprojekt wird für den Synergiepark Vaihingen/Möhringen aktuell ein Parkraumkonzept erarbeitet. car

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