Der Gemeinderat diskutiert über das Klimamobilitätskonzept des Landkreises. Die Kommunen sind gefragt, die Ditzinger Verwaltung bereitet die Antwort an den Landkreis vor, mit der die Christdemokraten nicht einverstanden sind.
Es geht um Geld, es geht um die Reduktion von Schadstoffemissionen und es geht um ein emotional diskutiertes Thema: den Autoverkehr in der Einkaufsstraße in der Ortsmitte, der Marktstraße. Sollte die Marktstraße für den Autoverkehr gesperrt werden, um die Aufenthaltsqualität zu erhöhen? Selten war ein Thema so hitzig im Ditzinger Gemeinderat diskutiert worden wie dieses. Vor allem die CDU hatte sich – ganz im Sinne der Vertretung der örtlichen Wirtschaft, der Aktiven Wirtschaft Ditzingen (AWD) – vor rund einem Jahr dagegen ausgesprochen. In der Konsequenz hatte sie auch einen temporär begrenzten Versuch abgelehnt. Wenn die potenzielle Kundschaft nicht möglichst nahe an das Ladengeschäft fahren könnte, so ginge dies zu Lasten der Händler und damit einer funktionierenden Innenstadt, so die Argumentation der Christdemokraten.
Eine Fraktion in Hab-Acht-Stellung
Vor diesem Hintergrund brachte nun ein Antrag der Verwaltung die CDU gewissermaßen in Hab-Acht-Stellung. Der Gemeinderat hatte im Juni 2021 beschlossen, sich mit dem Landkreis Ludwigsburg an der Erstellung eines Klimamobilitätsplans zu beteiligen. Der Landkreis wiederum war vom Verkehrsministerium des Landes Baden-Württemberg im Rahmen eines Pilotprojekts ausgewählt worden, einen Plan zu entwickeln, mit dem Ziel, ein Handlungskonzept für die Reduktion der Treibhausgase im Verkehrssektor zu erstellen. Die Treibhausgase sollen bis 2030 um 55 Prozent im Vergleich zu 2010 gesenkt werden. Ditzingen profitiert von solch einem Plan laut der Verwaltung finanziell. Die Förderung für einzelne Maßnahmen steigt von 50 auf 75 Prozent.
Im Rahmen von Bürgerbeteiligungen und Workshops hat der Landkreis inzwischen einen kommunen- und verkehrsmittelübergreifenden Maßnahmenkatalog mit übergeordneten Zielen erarbeitet. Darin sollten für Ditzingen bereits vorhandene Gemeinderatsbeschlüsse eingearbeitet sein, so die Verwaltung. Das „Maßnahmenbündel Nummer 107, Parkraummanagement“ machte nun aber die CDU hellhörig. „Ich kann mir nicht vorstellen, dass wir das beschlossen hatten“, sagte ihr Fraktionschef Sven Sautter. Er bezog sich damit auf die Maßnahmenbeschreibung, in der es heißt, „Reduktion der Parkplätze im Zentrum“. Es folgte der Hinweis, es seien bereits erste Überlegungen zur Parkplatzreduzierung in der Marktstraße erfolgt. Dem widersprach Sautter und warf der Verwaltung vor, ihr – abgelehntes – Ansinnen nun erneut umsetzen zu wollen. „Jetzt kommen Sie wieder durch die Hintertür.“ Das wies Bürgermeister Ulrich Bahmer (ebenfalls CDU) im Fachausschuss zurück. „Wir kommen nicht durch die Hintertür.“
Eine Woche später, im Gemeinderat, schaltete sich Oberbürgermeister Michael Makurath (parteilos) in die – erneute – Diskussion ein. „Sie machen Ihre Kritik an einer Beschreibung fest“, hielt er Sautter vor. Makurath schlug vor, den Punkt um eine „denkbare Maßnahme“, nicht aber das Ziel zu reduzieren. „Das Ziel ist das Parkraummanagement.“ Es sei zu kurz gesprungen, eine Maßnahme rauszunehmen. Makurath sprach auch vom Ziel, den Parkraum zu ordnen und Straßenräume im Ort insgesamt in dieser Hinsicht zu überprüfen. „Ich würde die Maßnahme gerne drin lassen.“ Laut der Verwaltung haben die Maßnahmen an sich übergeordneten Charakter, die Ausgestaltung in den Kommunen erfolge im Anschluss und würde vom Gemeinderat beschlossen. Der Plan enthält unter anderem Überlegungen zur Parkraumbewirtschaftung, alternativen Antrieben, attraktiven Haltestellen.
In der Diskussion hatte zudem Ulrike Sautter (Grüne) ihr Unverständnis über die Argumentation von CDU und AfD geäußert, den Klimamobilitätsplan auf das Auto und Parkplätze zu reduzieren. SPD-Fraktionschefin Sabine Roth hatte versucht, zu vermitteln: Neben den Autofahrern auch andere Verkehrsteilnehmer wie Fahrradfahrer und Fußgänger in den Blick zu nehmen, andererseits – mit Verweis auf die mobilitätseingeschränkte Bevölkerung – Parkplätze an neuralgischen Punkten zu erhalten.
Letztlich beschloss der Rat mit 16 zu neun Stimmen und einer Enthaltung, die Maßnahme „Parkraummanagement – Parkraum reduzieren“ zu streichen. Bei fünf Gegenstimmen aus den Reihen von CDU und AfD – letztere warb mit dem Slogan „Freie Fahrt für freie Bürger“ – wurden Maßnahmen und Ziele des Klimamobilitätsplans beschlossen. Der Kreistag soll im Mai beschließen.