Parkraummanagement in Stuttgart Aus Amtssicht ist die Strafe ein Geschenk

Vertreter der Verwaltung erklären ihre Pläne zum Parken im Stadtzentrum. Die künftige Parkgebühr von 400 Euro für Anwohner verstehen sie im Sinne eines Geschenkes.
S-Mitte - Die amtliche Wahrnehmung unterscheidet sich an diesem Wochentag, drei Uhr am Nachmittag, unübersehbar von der bürgerlichen. An der Eberhardstraße, einen Steinwurf vom Rathaus entfernt, hat der Fahrer eines Ford seinen Wagen mitten auf dem Zebrastreifen geparkt. Wenige Schritte weiter meldet rote Leuchtschrift, dass in der Rathausgarage sämtliche Plätze belegt sind.
Im Rathaus, Raum 406, erklärt Stephan Oehler der Presse, dass „wir in der Cityzone keinen Parkdruck nachweisen können“ – anders als im Westen. Oehler arbeitet als stellvertretender Leiter des Stadtplanungsamts Parkdruck soll einfach formuliert heißen, dass mehr Autofahrer einen Platz suchen als finden. Cityzone ist das Kerngebiet des Stadtzentrums benannt. Sie ist der bisher umstrittenste Teil des sogenannten Parkraummanagements. Dies vor allem, weil Auto fahrende Bewohner des Zentrums künftig 400 Euro pro Jahr Strafe zahlen sollen, wenn sie ihren Wagen am Straßenrand abstellen wollen – sofern der Parkdruck so gering ist, dass sie einen Platz finden. Garantien gibt es nicht.
Missverständlich in der Öffentlichkeit angekommen
So ist es in der Öffentlichkeit angekommen und zumindest anfangs durchaus auch im Gemeinderat – begleitet von dem zu erwartenden Protest. Aber so ist es falsch in der Öffentlichkeit angekommen, jedenfalls aus amtlicher Sicht, zumindest missverständlich, wie manches andere zum Thema. Dazu zählt zunächst, dass die Cityzone nicht deckungsgleich ist mit dem Stadtbezirk Mitte. Sie umfasst, grob gemessen, einen Umkreis von plusminus 250 Meter um den Schlossplatz und das Viertel zwischen Hauptbahnhof und Milaneo. Um den schiefen Rahmen geradezurücken, in dem ihre Pläne in der bürgerlichen Wahrnehmung hängen, sitzen im Raum 406 neben Oehler Birgit Wöhrle vom Ordnungs- und David Huber vom Tiefbauamt.
Der schwarz umrandete Bereich grenzt die Cityzone ein. Klicken Sie auf die Karte für eine größere Ansicht!
(Grafik: Stadtplanungsamt)
Der Parkdruck ist direkt verknüpft mit jenen 400 Euro. Wäre er im Stadtzentrum ebenso hoch wie im Westen, müssten auch die Bewohner dort nur 30,70 Euro jährlich fürs Anwohnerparken zahlen. Das ist er nicht – zumindest rechnerisch. Weshalb gegen das Anwohnerparken laut Oehler schon rechtliche Gründe sprechen: „Wir dürften das Modell West gar nicht übertragen.“ In der sogenannten Cityzone sind 1450 Autos zugelassen. Deren Besitzer haben allein in Parkhäusern die Wahl zwischen 13 000 Plätzen. Dass es sinnlos wäre, per Anwohnerparken für jeden Wagen zehn Parkplätze zu reservieren, erschließt sich gewiss auch rechtlich Unkundigen.
Mithin musste eine andere Regelung erdacht werden, um den Verkehr im Stadtkern zu verringern. Dies ist das Ziel der Regeln fürs Parken. Als Punkt eins auf der Liste steht, dass künftig kein Stellplatz mehr kostenlos sein wird. Das Parken am Straßenrand kostet vom 1. Oktober an 3,50 Euro pro Stunde und ist höchstens eine Stunde lang erlaubt. Bewohner der Cityzone müssen sich einen privaten Platz mieten – oder eben jene 400 Euro für eine Ausnahmegenehmigung zahlen.
Was die Amtleute im Sinne eines Geschenkes verstehen. „Die Bewohner wollten das immer“, sagt Wöhrle, „wir habe es die ganzen Jahre abgelehnt, ich bin davon ausgegangen, wir tun jetzt etwas Gutes.“ Überdies seien bei ihr bisher höchstens 15 Beschwerden aufgelaufen, keine davon von einem Bewohner der Cityzone. Womöglich, meint Oehler, handle es sich nur „um eine Kommunikationsaufgabe, an der wir arbeiten müssen“.
Bürgerbeteiligung wird kategorisch abgelehnt
Was unter anderem bei Anwohnerversammlungen geschehen soll. Dass die reine Informationsabende ohne Mitspracherecht sein sollen, hat eine politische Stufe unter dem Gemeinderats der Bezirksbeirat Mitte heftig kritisiert. Die Lokalpolitiker halten die formale Bürgerbeteiligung zu den Parkregeln für unabdingbar. Allerdings hatte der Ordnungsbürgermeister Martin Schairer schon dem Gemeinderat das Mitspracherecht über die Gebührenhöhe entzogen. Umso weniger soll die Stimme des Volkes gehört werden. Unmissverständlich formuliert: „Das Parkraummanagement ist eine hoheitliche Anordnung, keine Bürgerbeteiligung.“ So sagt es Wöhrle. Wäre es anders, „würden da 250 Leute nur aus ihrer eigenen Perspektive diskutieren“.
Oder deutlich weniger, denn der Zahl 250 widersprechen nicht zuletzt jene 15 Beschwerden. 15 ist auch die Zahl der neuen Parkscheinautomaten, die Huber im Verlauf des Sommers in der Cityzone aufstellen lässt. In den anderen vom Parkraummanagement betroffenen Bezirken werden es gut 1000 sein, etwa noch einmal so viele, wie heute schon an den Straßenrändern stehen.
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