Durch die Nähe zum Flughafen und die vielen ansässigen Firmen nimmt der Verkehr in den Stuttgarter Filderbezirken kontinuierlich zu – und dadurch wächst auch der Parkdruck. Viele Anwohner wünschen sich deshalb ein Parkraummanagement. Doch das ist nicht so einfach.

Klima und Nachhaltigkeit: Julia Bosch (jub)

Stuttgart - Die Passagierzahlen am Flughafen steigen, die Firmen auf der Filderebene expandieren und viele Familien haben heutzutage mehr als ein Auto. Das führt dazu, dass der Verkehr in Stuttgarts Filderbezirken kontinuierlich zunimmt – und Parkplätze immer knapper werden. Daher wünschen sich immer mehr Anwohner ein Parkraummanagement, also dass nur noch Anwohner mit speziellem Ausweis gratis auf der Straße parken dürfen, Auswärtige zahlen müssen.

 

Tarifreform könnte Situation weiter zuspitzen

Plieningen ist kein Einzelfall. Wer sich in den Stadtbezirken umschaut, findet oft zugeparkte Straßenränder. Der Verkehrsdruck drohe zuzunehmen, heißt es in der Stadtverwaltung, der Druck, Lösungen fürs Parken zu finden, vermutlich auch. Dabei ist noch offen, wie sich die Tarifreform im Verkehrsverbund auswirken wird. Mancher könnte versucht sein, so die Befürchtung, mit dem Auto bis dicht hinter die Stuttgarter Stadtgrenze zu fahren, einen Gratisparkplatz zu suchen und dann mit dem günstigen Ein-Zonen-Ticket ins Zentrum zu fahren.

Die Stadträte treibt die Parkplatzfrage auch weiterhin um. Am späten Donnerstagabend bekräftigten die Grünen im Gemeinderat – in Zusammenhang mit dem Luftreinhalteplan – das Ziel, „die Parkraumbewirtschaftung auf alle nach derzeitigem Kenntnisstand geeigneten Gebiete auszuweiten“. Vor den Etatberatungen Ende 2019 sollen die Kosten errechnet sein. Widerspruch gab es nicht. Die Verwaltung sagte zu, im Frühjahr ihren Vorschlag für die Ausweitung des Parkraummanagements vorzulegen. Basis seien Untersuchungen für Bereiche, in denen ein erheblicher Parkdruck nachgewiesen wird.

Jeder Parkplatz muss belegt sein

Die Sache ist komplex. Wer sich mit Birgit Wöhrle unterhält, der merkt jedoch: Parkraummanagement bedeutet mehr, als nur ein paar Ticketautomaten aufzustellen und grüne Ausweise an Anwohner zu verteilen. Die Mitarbeiterin der Straßenverkehrsbehörde im Ordnungsamt sagt: Bis ein Parkraummanagement eingeführt wird, vergingen mehrere Jahre. Im ersten Schritt müsse bewiesen werden, dass die Parkplätze in einem bestimmten Gebiet tatsächlich knapp sind. „Die Auslastung muss 100 Prozent oder mehr betragen. Das heißt: „Kein einziger Parkplatz bleibt frei, und möglicherweise parken einige Menschen sogar regelwidrig, weil sie nichts mehr finden“, sagt Wöhrle.

Um die Auslastung zu bemessen, schreiten geschulte Mitarbeiter in dem besagten Gebiet die Straßen ab, zählen Parkplätze und Autos. Sie messen zu drei Zeiten: um 10, um 15 und um 23 Uhr. Es müssen nicht zu allen drei Messzeiten 100 Prozent der Parkplätze belegt sein, sondern bei mindestens einer Messung. „Dabei kann man ein gutes Gespür dafür bekommen, wer in dem Gebiet parkt: Ist um 10 Uhr alles voll, sind es in der Regel Pendler. Ist um 23 Uhr alles zugeparkt, sind es großteils die Bewohner“, sagt Wöhrle. Sinnlos sei es, nach auswärtigen Kennzeichen zu suchen, um abzuschätzen, wer echter Anwohner und wer Fremdparker sei: „35 Prozent der Anwohner in Stuttgart haben kein Stuttgarter Kennzeichen.“ Das liegt auch an vielen Firmen- oder Familienautos, die von mehrerer Personen aus einer Verwandtschaft genutzt werden.

Am Ende entscheidet der Gemeinderat

„Wir geben eine Erhebung in Auftrag, wenn sich die Klagen häufen – wie beispielsweise, als das Milaneo eröffnet hat und viele Besucher in den angrenzenden Wohngebieten geparkt haben“, sagt Wöhrle. Viele Klagen gab es auch von Anwohnern aus Gebieten in Vaihingen, Möhringen und Degerloch; dort laufen derzeit Messungen oder sind geplant. In Plieningen ist das noch nicht der Fall. Wöhrle: „Dort kocht es aufgrund der Flughafen-Parker hoch.“ Hier setzt sich die Zahl der Parker aus Reisenden und Mitarbeitern des Flughafens zusammen. Für eine Erhebung müssen aber zunächst Haushaltsmittel bereit gestellt werden.“ Kommt bei einer solchen Erhebung heraus, dass die Parkraumauslastung bei 100 Prozent oder mehr liegt, spricht man mit den Bezirksvorstehern, stellt man entsprechende Ideen im Bezirksbeirat vor und lässt den Gemeinderat entscheiden. „Wir haben noch nie ein Parkraummanagement gegen einen mehrheitlichen Beschluss des Bezirksbeirats eingeführt. Man muss die Anwohner mitnehmen“, betont Wöhrle.

Viele Anwohner kommen auf den letzten Drücker

Sobald klar ist, dass ein Parkraummanagement definitiv kommt, dauert es noch einmal anderthalb bis zwei Jahre, bis die Ticketautomaten und die Schilder tatsächlich stehen und alle Bewohner ihre Ausweise bekommen. „Wir müssen jeden Standort für die Automaten festlegen und jedes einzelne Verkehrszeichen planen, sodass es keine Lücken in der Zone gibt“, sagt Wöhrle. Auch die Information der Bürger koste viel Zeit. Drei Monate vor Beginn des Parkraummanagements werden die Anwohnerausweise ausgegeben. Wöhrle: „Dabei müssen viele Einzelfallentscheidungen getroffen werden, wie etwa, wenn man das Auto der Tante fährt. Das dauert. Und viele kommen auf den letzten Drücker.“ Zudem muss Personal gefunden und geschult werden: diejenigen, die die Strafzettel verteilen.