Gleichzeitig Chef der Dualen Hochschule und Stiftungs-Geschäftsführer zu sein – geht das? Schwierig, findet das Wissenschaftsministerium von Theresia Bauer (Grüne). Nun fasst die SPD im Landtag nach.

Titelteam Stuttgarter Zeitung: Andreas Müller (mül)

Stuttgart - Hat der frühere Präsident der Dualen Hochschule Baden-Württemberg (DHBW), Reinhold Geilsdörfer, bei seinem Wechsel zur Stiftung des Lidl-Gründers Dieter Schwarz gegen Vorschriften für Nebentätigkeiten verstoßen? Bei der parlamentarischen Aufarbeitung dieser Frage lässt die Landtags-SPD nicht locker. Nachdem das Wissenschaftsministerium Auskünfte dazu unter Hinweis auf den Personaldatenschutz verweigert hat, erwartet die Fraktion von der Ressortchefin Theresia Bauer (Grüne) nähere Aufklärung in der nächsten Sitzung des Wissenschaftsausschusses. Im vertraulichen Teil der Sitzung am 28. Juni könne sie womöglich weitere Angaben machen, hatte Bauer in der Landtagsantwort angekündigt.

 

Der zuständige SPD-Abgeordnete und Ex-Justizminister Rainer Stickelberger begrüßte ihre Bereitschaft. Man erhalte hoffentlich Antworten auf die offenen Fragen, „inwieweit der ehemalige DHBW-Präsident den Bogen in eigener Sache überspannt hat“, sagte er unserer Zeitung. Geilsdörfer scheine „so überzeugt von sich und seinem Tun gewesen zu sein, dass er den Blick für seine eigenen rechtlichen Grenzen verloren hatte und in entsprechender Gutsherrenart sich über eben diese hinweggesetzt hat“, so Stickelberger.

„Im Widerstreit mit Dienstpflichten“

Mit der Landtagsanfrage hatte die SPD auf StZ-Recherchen reagiert, nach denen Geilsdörfer noch als Hochschulchef bereits für mehrere Monate als Geschäftsführer der Dieter-Schwarz-Stiftung unter Vertrag stand. Dies war im Zuge der inzwischen rechtskräftig eingestellten staatsanwaltschaftlichen Ermittlungen bekannt geworden – auch zur Überraschung des Wissenschaftsministeriums. Das Ressort hatte Geilsdörfer lediglich eine Beratertätigkeit für die Stiftung genehmigt. Tatsächlich soll er von Oktober 2015 bis Januar 2016 bereits als (Teilzeit-)Geschäftsführer angestellt und bezahlt worden sein; erst zum Februar 2016 war er offiziell von der DHBW zur Stiftung gewechselt. Eine Nebentätigkeit als Geschäftsführer wäre laut der Antwort von Bauer wohl nicht genehmigt worden. Sie stünde in einem „Widerstreit mit den dienstlichen Pflichten“, insbesondere im Blick auf die zeitliche Inanspruchnahme und das Engagement der Schwarz-Stiftung. Ob deswegen ein Disziplinarverfahren eingeleitet wurde, könne das Ministerium aus Datenschutzgründen nicht sagen.

Die Verträge mit der Stiftung waren im Zuge der Ermittlungen der Staatsanwaltschaft Heilbronn bekannt geworden. Diese prüfte aufgrund der Anzeige eines DHBW-Professors, ob beim Wechsel des Hochschulchefs zur Schwarz-Stiftung Bestechlichkeit vorliege. Hintergrund war Geilsdörfers Eintreten für einen eigenständigen DHBW-Standort Heilbronn, der von der Stiftung stark gefördert wird. Ende 2016 hatte die Behörde die Ermittlungen mangels Tatverdachts eingestellt.

Generalstaatsanwalt weist Beschwerde zurück

Inzwischen hat die Generalstaatsanwaltschaft Stuttgart, die nach der Nichtaufnahme von Ermittlungen durch die Stuttgarter Staatsanwaltschaft die Heilbronner Behörde eingeschaltet hatte, die Beschwerde des Professors gegen die Einstellung zurückgewiesen. Die für eine Straftat notwendige Unrechtsvereinbarung lasse sich nicht nachweisen, sagte ein Sprecher unserer Zeitung. Die Ermittlungen hätten zwar „Erkenntnisse erbracht, aus denen sich belastende Indizien ergeben, zugleich wurden aber auch entlastende Indizien ermittelt“. Bei der von der Rechtsprechung geforderten Gesamtschau lasse sich „ein für eine Anklageerhebung hinreichender Tatverdacht nicht tragfähig stützen“. Die Gründe für die Verselbstständigung der einstigen Außenstelle Heilbronn seien fachlich nachvollziehbar; zudem erscheine Geilsdörfer aufgrund seiner Erfahrungen für den Posten des Geschäftsführers geeignet. Seine Anstellung sei daher plausibel und „nicht als Belohnung“ für bestimmte Diensthandlungen anzusehen, entschied die Generalstaatsanwaltschaft.

In der Verfügung der Behörde wird festgestellt, dass der Ex-Hochschulchef „wahrscheinlich gegen nebentätigkeitsrechtliche Bestimmungen verstoßen hat“. Der Vorgang sei als „nachteiliger Aspekt“ in die Gesamtschau einzubeziehen; dabei müssten aber auch mildernde Umstände berücksichtigt werden. Die Generalstaatsanwaltschaft verweist insbesondere darauf, dass Reinhold Geilsdörfer bereits im Herbst 2015 in den Ruhestand treten wollte; weil sich der Amtsantritt seines Nachfolgers bei der DHBW verzögerte, blieb er einige Monate länger.