Ein Bündnis von Ex-Rebellen hat bei der vorgezogenen Parlamentswahl im Kosovo die Mehrheit der Stimmen geholt und möchte mit Ramush Haradinaj den Ministerpräsidenten stellen - was aber gerade für das Verhältnis mit Serbien sehr problematisch werden könnte.

Pristina - Ein Parteienbündnis ehemaliger Rebellenkommandeure hat die Parlamentswahl im Kosovo gewonnen. Das Bündnis von Ex-Regierungschef Ramush Haradinaj erreichte am Sonntag rund 33 Prozent der Stimmen, wie die Nichtregierungsorganisation Demokratie in Aktion mitteilte. Die Nationalisten der Bewegung für Selbstbestimmung lagen nach Auszählung von 87 Prozent der Stimmen am Montag bei 27 Prozent, gefolgt von einem Bündnis unter Führung des früheren Ministerpräsidenten Isa Mustafa mit 25 Prozent.

 

Das Endergebnis sollte im Laufe der Woche bekanntgegeben werden. Doch es war schon abzusehen, dass keine der Gruppen allein eine Regierung stellen kann.

Um die 120 Sitze hatten sich Kandidaten von 19 Parteien, fünf Koalitionen und zwei Bürgerinitiativen beworben. Sie alle versprachen Wirtschaftswachstum und größere Reisefreiheit für die Bürger. 20 Parlamentssitze sind für Serben und andere Minderheiten reserviert. Die Wahlbeteiligung lag bei rund 42 Prozent.

Haradinaj sprach von einem überzeugenden Sieg. Er war früher Kommandeur der Untergrundarmee der Kosovo-Albaner UCK und würde nicht zum ersten Mal Ministerpräsident. Er regierte bereits von Dezember 2004 bis März 2005 das Kosovo. Später war Haradinaj vor dem UN-Kriegsverbrechertribunal angeklagt. Er wurde zweimal freigesprochen. Serbien betrachtet ihn jedoch weiter als Kriegsverbrecher.

Das neue Kabinett sieht sich einigen schwierigen Aufgaben gegenüber, darunter auch ein Abkommen mit Montenegro über den Grenzverlauf zwischen den beiden Ländern. Eine entsprechende Abmachung mit dem Nachbarland wurde zwar 2015 unterzeichnet, ist aber ebenso wenig umgesetzt worden wie Autonomiezusagen an die Serben im Land.

Nationalisten verdoppeln Stimmenanteil

Auch die Nationalisten der Bewegung für Selbstbestimmung feierten den Ausgang der Wahl, bei der sie ihren Stimmanteil verdoppeln konnten. Im vorherigen Parlament stiftete die größte Oppositionspartei häufig Unruhe und sorgte dafür, dass vor der Wahl keine Koalitionen eingegangen werden konnten. Die Partei nominierte den 42 Jahre alten Vorsitzenden Albin Kurti für den Posten des Ministerpräsidenten.

Die Nationalisten sind im Ausland vor allem durch ihr aggressives Gebaren im Parlament bekannt geworden, wo sie unter anderem Tränengas versprühten, um Abstimmungen über das Grenzabkommen mit Montenegro zu verhindern. Sie kritisieren, der Vertrag bedeute den Verlust von 80 Quadratkilometern Land für das Kosovo - eine Behauptung, der die Regierung und internationale Experten widersprechen.

Die ehemalige serbische Provinz Kosovo hatte sich 2008 für unabhängig erklärt. Inzwischen haben das Land 114 Staaten anerkannt, nicht aber Belgrad. Kosovaren müssen für Reisen in die Länder des Schengen-Abkommens ein Visum beantragen, unter anderem weil Grenzfragen nicht geklärt sind. Die letzte Regierung zerbrach im Streit, deshalb wurde die vorgezogene Wahl nötig. Ein weiteres Problem ist die Verfolgung mutmaßlicher Kriegsverbrechen im Unabhängigkeitskrieg gegen Serbien 1998/1999.