Die Sozialisten gewinnen die Parlamentswahl in Portugal. Ministerpräsident António Costa wird weiterregieren können – er weiß aber noch nicht, mit wem. Zeigt sich aber überaus selbstbewusst.

Korrespondenten: Martin Dahms (mda)

Lissabon - Portugals Sozialisten haben wie erwartet die Parlamentswahlen am Sonntag gewonnen. Die Partei des amtierenden Ministerpräsidenten António Costa kam nach ersten Prognosen des staatlichen Rundfunks RTP nach Schließung der Wahllokale auf 35 bis 39 Prozent der Stimmen – und dürfte Parlamentssitze hinzu gewonnen haben. Für eine Regierungsbildung wird Costa die Unterstützung einer oder mehrerer Linksparteien brauchen. Infrage kämen dafür der Linksblock (laut Prognose neun bis zwölf Prozent) und die Kommunisten (sechs bis acht Prozent) – beide unterstützten Costas sozialistische Minderheitsregierung bereits in der vergangenen Legislaturperiode. Auch die grüne Partei PAN (drei bis fünf Prozent) wäre ein möglicher Bündnispartner. Auf der rechten Seite erreichte die bürgerliche PSD rund 27 bis 31 Prozent der Stimmen und die konservative CDS-PP etwa drei bis fünf Prozent.

 

Das Interesse der Portugiesen an diesen Wahlen hielt sich in Grenzen. Bis 16 Uhr waren 38,6 Prozent der Stimmberechtigten zur Wahl gegangen, ein Minus von mehr als fünf Punkten gegenüber den Wahlen 2015. Die niedrige Wahlbeteiligung kommt nicht überraschend: Sämtliche Umfragen sagten einen klaren Sieg der Linken voraus, es gab also keinen spannenden Wettstreit, womit der Anreiz für die Stimmabgabe geringer war.

In Costas Amtszeit ist die Wirtschaft gewachsen

Der 58-jährige Costa konnte auf eine erfolgreiche Legislaturperiode zurückblicken: Der Haushalt ist saniert, die Wirtschaft wächst, die Arbeitslosenrate ist auf 6,6 Prozent gefallen. Alle Befürchtungen, dass eine sozialistische Regierung, die auf die Unterstützung radikaler linker Parteien angewiesen ist, nicht handlungsfähig wäre, erwiesen sich als gegenstandslos.

Sein politisches Glück und Geschick haben den Ministerpräsidenten unbescheiden werden lassen. Kritik hört er nicht gerne, unberechtigte Kritik schon gar nicht. Am Freitagnachmittag machte er sich zu einem letzten Wahlkampfspaziergang durch die Altstadt von Lissabon auf, begleitet von Dutzenden Kameras und Mikrofonen. Wie immer sah er freundlich und gut gelaunt aus, bis sich ihm ein alter Herr näherte: Der warf ihm vor, sich während eines fürchterlichen Waldbrandes im Juni 2017 in der Gegend von Pedrógão, bei dem 66 Menschen starben, in den Urlaub absentiert zu haben. Costa war sichtlich ungehalten, zurecht, denn an dem Vorwurf war nichts dran. Doch nachdem er sich von dem alten Herren schon abgewandt hatte, drehte sich Costa noch einmal mit wütendem Gesicht um und beschimpfte den Mann als einen „Lügner“, was zwar stimmte, aber nicht besonders würdevoll aussah.

Die Macht scheint dem Premier zu Kopf zu steigen

Costa macht in letzter Zeit immer wieder den Eindruck, als sei er der Arroganz der Macht erlegen. Dem Linksblock, der ihn vier Jahre lang unterstützte, ohne im Gegenzug Ministerämter zu fordern, warf er vor kurzem ernsthaft vor, die „Frechheit“ zu besitzen, Sozialisten zur Stimmabgabe für den Linksblock aufzufordern – als wäre ein Wahlkampf gegen die Sozialisten eine Ungehörigkeit.

Costa möchte weiter allein regieren – darin ähnelt er dem spanischen Ministerpräsidenten Pedro Sánchez, der eine Regierungsbildung mit der linken Unidas Podemos platzen ließ und es stattdessen auf Neuwahlen (geplant am 10. November) ankommen ließ. So etwas soll Costa nicht passieren. „Wir haben vier Jahre Stabilität gehabt, während Spanien vier Wahlen in vier Jahren hatte“, sagte er. Diese Stabilität will er bewahren. Das heißt aus seiner Sicht: starke Sozialisten, die wenig Rücksicht auf Partner nehmen müssen. Doch so einfach, wie er es gerne hätte, dürfte es nach dem Wahlsonntag nicht werden.