Im dritten Anlauf wollen die Sozialdemokraten den SPD-Politiker Thilo Sarrazin wegen seiner Thesen zum Islam ausschließen. Der Autor reagiert gelassen auf das erneute Ausschlussverfahren seiner Partei gegen ihn.

Berlin - Der SPD-Vorstand will erneut versuchen, den umstrittenen Bestsellerautor und früheren Berliner Finanzsenator Thilo Sarrazin aus der Partei auszuschließen. SPD-Generalsekretär Lars Klingbeil teilte am Montag mit, der Vorstand wolle einen Parteiausschluss von ihrem langjährigen Mitglied Sarrazin erreichen. Klingbeil verwies auf den Bericht einer Untersuchungskommission zu Sarrazins jüngsten Äußerungen und Veröffentlichungen. Die Kommission sei zu dem Schluss gekommen, „dass Sarrazin Thesen propagiert, die mit den Grundsätzen der SPD unvereinbar sind, und der Partei schweren Schaden zufügen“. In der Kommission saßen unter anderem Gesine Schwan und Herta Däubler-Gmelin. Die Untersuchungsergebnisse wird die SPD vorerst nicht veröffentlichen. Als Beteiligte des Verfahrens äußere die Partei sich nicht weiter zu dem Fall Sarrazin, sagte ein SPD-Sprecher unserer Zeitung.

 

Der Autor reagierte gelassen auf das erneute Ausschlussverfahren. Der Beschluss des SPD-Parteivorstands sei „Teil des innerparteilichen Machtkampfes um die künftige Linie der SPD“, sagt er dem Berliner „Tagesspiegel“. Er sei nicht überrascht über die Entscheidung der Parteiführung und warte nun in Ruhe ab, „was der SPD-Vorstand mir schreiben wird“. Er behalte sich vor, einen Anwalt einzuschalten und den Rechtsweg zu beschreiten.

Der dritte Anlauf für einen Ausschluss

„Eine Partei soll und darf verschiedene Stimmen in sich vereinen. Wer jedoch rassistisch argumentiert, der sollte das Parteibuch abgeben“, wendete sich der SPD-Bundestagsabgeordnete Karamba Diaby am Montag auf Twitter an seinen Parteigenossen. Schon zweimal ist die SPD mit dem Versuch gescheitert, ihren Genossen aus der Partei zu werfen, zuletzt 2011.

Grund für das Zerwürfnis ist sein 2010 erschienener Bestseller „Deutschland schafft sich ab“, in welchem er Zuwanderern eine Integrations- und Leistungsbereitschaft abgesprochen hat. Es ist der dritte Versuch der SPD-Spitze nach 2010 und 2011 Sarrazin auszuschließen. Die Bundes-SPD und weitere Antragsteller hatten damals ihre Anträge auf Ausschluss zurückgezogen, nachdem Sarrazin zugesichert hatte, sich künftig an die Grundsätze der Partei zu halten.

Der jetzige Anlauf ist Sarrazins letztem, im August erschienenem Buch geschuldet. Sein Bestseller „Feindliche Übernahme – Wie der Islam Fortschritt verhindert und die Gesellschaft bedroht“ enthält zwar keine eugenischen Thesen mehr, sorgte aber erneut in der SPD für viel Unmut. Sarrazin schreibt, der Islam als Gewaltideologie im Gewand einer Religion stelle eine Gefahr für Europa dar, und sei mit den Wertvorstellungen der westlichen Welt nicht vereinbar. Außerdem besitze die Geburtenrate bei Muslimen eine demografische Sprengkraft, wodurch in den nächsten Generationen der geistliche Kern der westlichen Welt bedroht sei. Deswegen solle die Einwanderung aus islamisch geprägten Ländern weitgehend unterbunden werden. Die SPD, so der Sozialdemokrat, würde heute bei Umfragen nicht so schlecht dastehen, wenn sie zuvor auf seine Thesen gehört hätte – dann gebe es heute keine AfD im Bundestag.

Sarrazin fühlt sich wohl in der SPD

Das Präsidium der SPD lehnt die von Sarrazin geäußerten Positionen ausdrücklich ab, hieß es damals in einer Erklärung. Es gehöre zu den Grundsätzen der Partei, sich allen menschenfeindlichen Bestrebungen zu widersetzen. Das gelte immer und überall – und innerhalb der Partei im ganz besonderen Maße. Wer wie Sarrazin dieses Selbstverständnis nicht mittrage, sondern Menschen pauschal diffamiere, solle sich eine andere politische Heimat suchen. Der frühere Senator und Bundesbanker hatte aber noch im Sommer gesagt, er fühle sich in der SPD „nach wie vor gut aufgehoben“.