Mit ihrem Parteitag in Weingarten will sich die Südwest-CDU noch einmal Schwung für die Europa- und Kommunalwahl holen. Ob das klappt, ist offen. Bei den Vorstandswahlen könnte CDU-Landeschef Thomas Strobl einen Denkzettel bekommen.

Stuttgart - Wir haben uns ganz bewusst dafür entschieden, pünktlich zum Versand der Wahlbenachrichtigungen mit einem Parteitag landesweit auch medial auf die Wahlen aufmerksam zu machen“, schreiben CDU-Landeschef Thomas Strobl und Generalsekretär Manuel Hagel in ihrer Einladung zum zweitägigen CDU-Parteitreffen, das am Freitag in Weingarten beginnt. Bevor die 300 Delegierten aber auf die Europa- und die Kommunalwahl am 26. Mai eingestimmt werden, müssen sie erst einmal ihre Parteiführung neu wählen. Man wolle zeigen, „dass wir auch personell gut aufgestellt die kommenden Aufgaben angehen werden“, so Strobl und Hagel.

 

Nicht allen in der Partei gefällt, dass sich Präsidium und Landesvorstand schon jetzt, 20 Monate nach der letzten Wahl, bestätigen lassen – auch wenn dies schon im vergangenen Herbst einstimmig beschlossen wurde. Strobl wolle verhindern, dass er bei einem schlechten Ausgang der Kommunal- und Europawahl abgestraft werde und habe deshalb seine Wiederwahl vorgezogen, argwöhnen seine Kritiker. 2015 erhielt er fast 98 Prozent, 2017 waren es nur noch 82 Prozent. Am Freitag könnte ein weiterer Denkzettel folgen.

Vorzeichen für Spitzenkandidatur

Strobls Ergebnis in Weingarten gilt vielen auch als Zeichen für die Spitzenkandidatur bei den Landtagswahlen 2021. Seit Monaten wird hinter den Kulissen darüber diskutiert, ob Strobl der Richtige sei. Der Innenminister und stellvertretende Ministerpräsident grenze sich zu wenig von den Grünen ab, murren seine Kritiker in der Landtagsfraktion. Manche sähen deshalb lieber Kultusministerin Susanne Eisenmann als Spitzenkandidatin. Aber auch andere Szenarien werden durchgespielt, etwa einen angesehenen Quereinsteiger ins Rennen zu schicken. Nach seiner Niederlage gegen Annegret Kramp-Karrenbauer wurde sogar Friedrich Merz ins Spiel gebracht.

An Strobl gehen die Attacken nicht spurlos vorbei. Ende des Jahres, spätestens aber Anfang 2020, werde über die Spitzenkandidatur entschieden, erklärte er kürzlich. Vor einigen Monaten hatten Präsidium und Landesvorstand noch betont, dass der Vorsitzende das Vorgriffsrecht habe – wie schon immer in der CDU. Doch die Beliebtheit von Ministerpräsident Winfried Kretschmann, der möglicherweise 2021 noch einmal antritt, und der bundesweite Höhenflug der Grünen macht vielen in der CDU Angst. Sie befürchten, dass ihre Partei auch im Südwesten an Bedeutung verliert, wenn sie bei der nächsten Wahl ihre Führungsposition nicht zurückerobert. Das hätte auch Auswirkungen auf die eigene Karriere.

Verluste auch auf dem Land

Jahrzehntelang konnten sich bei Landtagswahlen die CDU-Kandidaten in den meisten der 70 Wahlkreise sicher sein, dass sie die meisten Stimmen erhalten würden – nur in einzelnen Großstädten holten SPD und später auch Grüne das Direktmandat. Selbst 2011 – beim Regierungswechsel zu Grün-Rot – lag die CDU mit 39 Prozent noch deutlich vor den Grünen mit 24,2 Prozent und hätte weiterregieren können, wenn der damalige Spitzenkandidat und Ministerpräsident Stefan Mappus nicht vorab eine Koalition mit einer anderen Partei als der FDP kategorisch ausgeschlossen hätte.

Der eigentliche Absturz der CDU bei den Wählern kam erst 2016, nach fünf Jahren Opposition. Sie verlor 12 Prozentpunkte und landete bei 27 Prozent, während die Grünen auf 30,3 Prozent kletterten. Nur noch 22 CDU-Abgeordnete gewannen ihre Wahlkreise. In 46 Wahlkreisen bekamen die Grünen die meisten Stimmen, in zwei Wahlkreisen die AfD. Jede Umfrage schürt die Nervosität weiter.

Auch bei einem Teil der CDU-Frauen hat Strobl an Glaubwürdigkeit verloren. Sie kreiden ihm an, dass die Landesvorsitzende der Frauenunion und oberste Haushaltskontrolleurin im EU-Parlament, Inge Gräßle, keinen aussichtsreichen Platz auf der Landesliste für die Europawahl erhalten hat. Auf diesen Plätzen kandidieren vier Männer.