Mitten im politischen Frühling mit den USA kommt Kubas Kommunistische Partei nach fünf Jahren zu einem Parteitag zusammen. Die offenen Fragen sind spannend wie selten zuvor.

Havanna - Pünktlich zum großen Treffen der kubanischen Kommunisten ließ der „Máximo Líder“ nach langer Zeit wieder von sich hören. Revolutionsführer Fidel Castro, seit langem eigentlich Polit-Pensionär, war kürzlich in Kubas Staatsfernsehen zu sehen - hellwach und gesprächig wie schon lange nicht mehr pries der inzwischen 89-Jährige eine alte Kampfgefährtin während einer Veranstaltung in einer Schule in Havanna.

 

Die eigentliche Botschaft, wenn man so will, war aber der Auftritt an sich. Sie lautet: Fidel Castro ist immer noch da. Und, an die Adresse der rund 1000 Delegierten beim anstehenden 7. Parteitag der Kommunistischen Partei Kubas (16.-19. April) gerichtet: Kurshalten.

Was heißt das aber genau? Weitere Reformen wagen? Oder eher sich wieder stärker auf den alten „antiimperialistischen“ Diskurs zurückbesinnen? Vor dem Treffen ist wie so oft bei kommunistischen Konklaven dieser Art das Kaffeesatzlesen gefragt.

Historische Wende im Verhältnis zu den USA

Der Parteitag findet in außergewöhnlichen Zeiten statt. Der sozialistische Karibikstaat durchlebt gerade den größten politischen und gesellschaftlichen Wandel seit der Revolution von 1959. Vor 16 Monaten leitete Kubas aktueller Machthaber, Fidels jüngerer Bruder Raúl (84), eine historische Wende in dem jahrzehntelang zerrütteten Verhältnis zum alten ideologischen Feind USA ein. Beide Länder nahmen im Juli 2015 diplomatische Beziehungen wieder auf.

Die Annäherung hat bei vielen US-Firmen zudem einen Hype um den früher verfemten Nachbarstaat ausgelöst. Auch Tausende US-Besucher, darunter viele Prominente, strömen in die Karibikinsel, um die letzte kommunistische Bastion der Region noch vor ihrem vermeintlichen Untergang zu sehen.

Im März reiste sogar Barack Obama als erster US-Präsident seit fast 90 Jahren nach Havanna. In einer historischen Rede machte Obama dort den Kubanern Mut, noch mehr Reformen anzupacken.

Der Zeitpunkt für seine Worte schien der passende zu sein. In den vergangenen Jahren hat Kuba unter Raúl Castro einen vorsichtigen marktwirtschaftlichen Öffnungskurs eingeschlagen, das Programm der sogenannten „Aktualisierung des Wirtschaftsmodells“ wurde offiziell beim letzten Parteitag im April 2011 beschlossen.

Es gibt neue Realitäten im Land

Glaubt man den Verlautbarungen des Parteiblattes „Granma“, soll der aktuelle Kongress den Reformweg nun weiterführen. Bislang sind nur 21 Prozent der 2011 beschlossenen Maßnahmen voll umgesetzt worden, schrieb kürzlich die „Granma“. Bei dem Treffen werden zudem die Mitglieder des Politbüros neu gewählt.

Beobachter aus den eigenen Reihen sehen tatsächlich Raum für weitere Veränderungen. „Diese sind unvermeidlich“, glaubt der frühere kubanische Diplomat Carlos Alzugaray. Es gebe neue Realitäten im Land, sagt Alzugaray der Deutschen Presse-Agentur mit Blick etwa auf die rund 500 000 der 11 Millionen Kubaner, die inzwischen in dem aufstrebenden Privatsektor arbeiten.

Es müsste deswegen unter anderem eine neue Gesetzgebung für das Privateigentum geschaffen werden, denkt Alzugaray. Seit Ende 2011 dürfen die Kubaner mit Immobilien handeln, viele betreiben in ihren neu erworbenen Eigentumshäusern erfolgreich kleine Geschäfte wie Restaurants oder Reparaturwerkstätten.

Fidel Castro lässt viele rätseln

Auch das Wahlgesetz müsse reformiert werden. Denn der Parteitag sei der letzte für die historische Revolutionsgarde um den 84-jährigen Raúl Castro, sagt Alzugaray. Die Partei müsse deswegen festlegen, wie Führungsfiguren später gewählt werden sollen.

„Die größten Erwartungen beim Parteikongress drehen sich um den Generationswechsel auf der Führungsebene“, glaubt auch der US-kubanische Politologe Arturo López-Levy. Und jüngere politische Anführer könnten einen Unterschied bei der schnellen Umsetzung der nötigen Wirtschaftsreformen ausmachen, sagt der Wissenschaftler der Universität Texas. Raúl Castro selbst hat bereits angekündigt, dass er 2018 zurücktreten werde.

Und Fidel? Der frühere Machthaber lässt Viele rätseln. „Bis zu seinem Tod wird er einflussreich in der kubanischen Politik bleiben“, meint López-Levy. Der Ex-Präsident, in den 1960er Jahren für die Überführung der gesamten kubanischen Wirtschaft in Staatshand verantwortlich, ist im Lande nicht gerade als begeisterter Befürworter der Wirtschaftsöffnung bekannt.

Beim Parteitag ist Fidel als einer von Hunderten Delegierten nominiert - fraglich bleibt allerdings, ob der kranke „Máximo Líder“ an den Beratungen tatsächlich aktiv teilnehmen kann.