Vor dem CSU-Parteitag am Freitag in München bringen sich Horst Seehofer, Markus Söder und Manfred Weber in Position. Der Ministerpräsident sagt, die Kanzlerin stehe nicht im Fokus der Kritik an der Flüchtlingspolitik.

Manteldesk: Mirko Weber (miw)

München - Politisch meinungsstark zu lavieren – eigentlich ein Paradox – ist eine gängige Kommunikationsform der CSU-Politik, auch wenn sich die Strategen zu gute halten, jeder für sich Klartext spreche Klartext: eine Linie muss man dann manchmal suchen. So hat, nach den Ereignissen in Paris, der bekanntermaßen mit dem Chefposten in der Partei liebäugelnde bayerische Finanzminister Markus Söder gefordert, keine „illegale Zuwanderung“ zuzulassen, und ist deswegen nicht nur von der CDU und persönlich durch Armin Laschet aus Nordrhein-Westfalen stark kritisiert worden. Auch der eigene Chef, Horst Seehofer, erklärte, ohne Söder beim Namen zu nennen, dass „der Ministerpräsident das letzte Wort“ habe, „Punkt.“ Er könne das im Übrigen nicht immer dazu sagen. Söder tat so, als begreife er – und antwortete, er akzeptiere „selbstverständlich“ den „Führungsanspruch“ Seehofers – was kein letztes Wort sein muss.

 

Nach der Kabinettssitzung stand wiederum Seehofer hin und erklärte, die Bekämpfung islamistischer Terroristen „mit allen rechtsstaatlichen Mitteln“ sei man nicht zuletzt den „vielen muslimischen Mitbürgern“ schuldig. Die „Verbrechen“ hätten „nichts mit dem friedlichen Islam zu tun“. Seehofer will keine falsche Aufregung vor dem am Wochenende bevorstehenden CSU-Parteitag in München, auf dem rituell die Kanzlerin Angela Merkel auftritt, die jene (noch zu verhandelnde) Obergrenze für Flüchtlingskontingente nach wie vor ablehnt, die von der CSU in einem Leitantrag verabschiedet werden soll: „Wir haben keine Angst vor Veränderung, aber wir wollen kein anderes Land“, heißt es darin.

Bayerische Polizei kann Grenzsicherung übernehmen

Dem Kabinett hat der Innenminister Joachim Herrmann flankierend mitgeteilt, dass die bayerischen Grenzen verstärkt gesichert würden, „solange dieser Schutz nicht an den EU-Außengrenzen gewährleistet wird“. Notfalls werde die bayerische Polizei „die Aufgaben der Grenzsicherung vom Bund übernehmen“, vorerst werde die Schleierfahndung ausgebaut, die dafür gesorgt hatte, dass der auf dem Weg nach Paris mit einem Auto voller Waffen und Sprengstoff befindliche Montenegriner vor zwei Wochen aufgegriffen worden sei.

Parallel zur Kabinettssitzung in München hat sich in Brüssel der CSU-Europapolitiker Manfred Weber zu Wort gemeldet, der für eine europäische Datenbank zur Überwachung gefährlicher Islamisten und mehr polizeirechtliche Zugriffsrechte auf Asylbewerber-Dateien plädierte. Es müsse eine „europäische Gefährderdatei“ installiert werden, die etwa die Polizei in Wien „unkompliziert abfragen“ könne, wenn ein bayerischer Islamist in Österreich einen Gesinnungsgenossen“ treffe. Einer der mutmaßlichen Verdächtigen in Paris soll vor wenigen Monaten in Oberösterreich Urlaub gemacht haben. Auch Weber aber warnte, wie Seehofer, davor, Flüchtlinge „unter Generalverdacht“ zu stellen. Vordergründig grenzt er sich also ebenfalls von Söder und dessen Äußerungen ab.

Sammeln am rechten Rand der Szene

Sehr gut möglich ist aber auch, dass Söder von der CSU auch instrumentell eingesetzt wird. Wenn der Finanzminister die Kanzlerin kritisiert und ihr nahelegt, zuzugeben, dass sie sich geirrt habe mit ihren Willkommengesten, gibt das dem Parteichef die Gelegenheit zu betonen, es gebe keinen Anlass, Merkel „in den Fokus der Kritik“ zu stellen. Seehofer, der ehemalige Chef-Fokussierer, hat dann leicht reden – und erweckt zudem den Eindruck, er lasse auch Meinungen in der Partei zu, die von der AfD mitgetragen werden könnten: seit jeher und oft äußerst erfolgreich versteht sich die CSU ja als Sammelbecken am rechten Rand der politischen Szene, wobei mit solchen Etikettierungen zurzeit ja keinem mehr geholfen ist. Artikuliert ist jedenfalls vor dem Parteitag eine leicht gespaltene Stimmung innerhalb der CSU, und die Parteitagsregie wird behutsam vorgehen müssen, um zu zeigen, dass die CSU mit einer Zunge spricht.