Der Streit um Verfassungsschutzpräsident Hans-Georg Maaßen überschattet auch den Parteitag der Südwest-CDU. In Rust hat sie ihr Programm für die Europa- und die Kommunalwahl verabschiedet.

Stuttgart - Eigentlich verbindet die Christdemokraten im Südwesten viel mit den Bayern. Für den ersten Abend ihres Landesparteitags im Europapark in Rust hat die Landes-CDU extra Plätze im Oktoberfestzelt reservieren lassen, und manche Teilnehmer haben gar ihre Lederhosen oder Dirndl mitgebracht. Doch die neuen Umfragewerte im Deutschlandtrend, die wenige Stunden zuvor veröffentlicht wurden, haben den meisten erst einmal die Laune verdorben. Wären jetzt Bundestagswahlen kämen CDU/CSU auf 28 Prozent, so wenig wie noch nie. Und keiner weiß, ob nicht bald Neuwahlen nötig sind, weil die Auseinandersetzung um Verfassungsschutzpräsident Hans-Georg Maaßen die große Koalition in Berlin zu spalten droht.

 

Die offizielle Tagesordnung in Rust sieht vor, dass die CDU ihre Programme für die die Europawahl und die Kommunalwahl im Mai 2019 verabschiedet. Doch im Foyer der Kongresshalle beherrscht der Koalitionsstreit die Diskussion. Dass Bundesinnenminister Horst Seehofer (CSU) den Verfassungsschutzpräsident auf Druck der SPD entlassen, aber gleichzeitig zum Staatssekretär befördern will, geht selbst denen zu weit, die in der Flüchtlingspolitik eher auf Seehofers als auf Merkellinie sind. In den vergangenen Tagen haben die Bundes- und Landtagsabgeordneten viel Post von empörten CDU-Mitgliedern erhalten. Dass Merkel, Seehofer und SPD-Chefin Nahles noch einmal darüber verhandeln wollen, bbewerten viele positiv.

Kanzlerin soll Machtwort sprechen

Albrecht Schütte, Landtagsabgeordneter für den Wahlkreis Sinsheim, kann die Verärgerung nachvollziehen. „Entweder Maaßen geht oder er bleibt auf der Ebene, auf der er vorher war“, sagt er. Wegen seiner fachliche Kompetenz hätte man aus seiner Sicht dem Verfassungsschutzpräsidenten ebenso gut Zurückhaltung bei öffentlichen Äußerungen auferlegen und ihn auf seinem bisherigen Posten weiterarbeiten lassen können. Der Vizevorsitzende der Christlich Demokratischen Arbeitnehmerschaft (CDA), Christian Bäumler, hingegen fordert, Maaßen sofort abzuberufen. „Bundeskanzlerin Merkel muss das Machtspiel von Innenminister Seehofer beenden.“ Notfalls müsse dieser abtreten.

Umso erfreuter sind die Parteitagsbesucher über einen anderen Bayern. CDU-Landeschef Thomas Strobl hat schon vor Monaten den CSU-Europaabgeordneten Manfred Weber eingeladen. Der Fraktionsvorsitzende der Europäischen Volkspartei im Europaparlament wird mit viel Applaus empfangen und mit noch größerem Beifall für seine Rede bedacht. Die Europawahl sei „eine Schicksalswahl für den Kontinent“, erklärte der CSU-Vize. Es komme jetzt darauf an, die proeuropäischen Kräfte zu stärken und sich mit Populisten wie der AfD auseinanderzusetzen.

Nein zu pauschalen Fahrverboten

Auch Strobl nimmt die AfD ins Visier. Nicht alle Mitglieder und erst recht nicht alle Wähler seien Rechtsradikale, aber die Parteiführung der AfD nehme in Kauf, „dass die Grenzen undeutlich werden“, sagte der Innenminister. Von ihr verwendete Begriffe wie „Systempartei“ oder Lügenpresse“ seien schon „geistige Wegbereiter für den Nationalsozialismus“ gewesen. Ihre Hetze dürfe man den „Brandstiftern in Biedermann-Sakkos“ nicht durchgehen lassen.

Doch die Delegierten haben auch Aufträge an die Landesregierung und die CDU-Landtagsfraktion. Strobl soll ein Burka-Verbot durchsetzen, beschließt die Mehrheit auf Antrag der Jungen Union. Vor zwei Jahren hatte die Landtagsfraktion einen entsprechenden Antrag der AfD abgelehnt. Und trotz einschlägiger Gerichtsurteile soll es auf Antrag des Kreisverbandes Stuttgart in belasteten Kommunen keine stadtweiten Fahrverbote für Dieselfahrzeuge geben, außerdem müssten sie möglich kurz sein. Einen weiteren Auftrag hat sich Strobl selbst erteilt: Er hat in Rust vorgeschlagen, die Grunderwerbsteuer von 5 auf 3,5 Prozent zu verringern. Da werden ihm schwierige Verhandlungen mit der grünen Finanzministerin Edith Sitzmann bevorstehen.