Fünf Monate vor der Landtagswahl haben die SPD und die Grünen ihren Spitzenmännern mit klaren Wahlergebnissen den Rücken gestärkt. Ministerpräsident Kretschmann will das Regierungsbündnis fortsetzen.

Pforzheim/Mannheim - Fünf Monate vor der Landtagswahl in Baden-Württemberg haben die Regierungsparteien ihren Frontmännern kräftigen Rückenwind für den Wahlkampf verpasst. Die Grünen wählten Ministerpräsident Winfried Kretschmann am Samstag in Pforzheim auf dem Landesparteitag mit einem Traumergebnis von fast 97 Prozent zum Spitzenkandidaten für die Wahl am 13. März 2016. Der 67-Jährige soll den politischen Chefsessel im Land gegen CDU-Herausforderer Guido Wolf verteidigen. Der SPD-Spitzenkandidat Nils Schmid wurde in Mannheim mit 91 Prozent im Amt des Landesparteichefs bestätigt.

 

Kretschmann verwies darauf, was Grün-Rot seit 2011 alles erreicht habe - beispielsweise beim Naturschutz, in der Energie- und Bildungspolitik. Er dankte ausdrücklich auch dem Koalitionspartner und dessen Ministern mit Vize-Regierungschef Schmid an der Spitze. Grüne und SPD hätten ihren Anteil am gemeinsamen Erfolg, sagte Kretschmann. „Und deshalb will ich die insgesamt verlässliche und erfolgreiche Koalition mit der SPD fortsetzen.“

SPD im Umfragetief

Die SPD ist aber im Umfragetief. Mit derzeit 16 bis 17 Prozent ist sie weit von ihrem Landtagswahlergebnis von 2011 mit 23,1 Prozent entfernt. Ein Machterhalt steht damit auf der Kippe. Grün-Rot hatte die CDU im Südwesten 2011 nach fast 60 Jahren an der Macht abgelöst.

Die aktuellen Zahlen seien kein Schicksal, sagte Schmid am Freitagabend. „Sie sind Ansporn, in den nächsten Monaten um jede Stimme in diesem Land zu kämpfen.“ Der Finanz- und Wirtschaftsminister fügte hinzu: „Ich werde mich mit jeder Faser meines Körpers, jeder Unze meiner Kraft, mit jedem Pochen meines Herzens dafür einsetzen, dass wir diesen Kampf gewinnen.“

Gleichzeitig verwies er auf die Erfolge der SPD, die sie zum Teil gegen den Widerstand des Regierungspartners durchgesetzt habe wie die Abschaffung der Studiengebühren. Es sei sehr wohl ein Unterschied, ob man bei der Wahl das Kreuz bei der SPD oder bei den Grünen mache.

Am Grundrecht auf Asyl wird nicht gerüttelt

Kretschmann sagte, es gebe keine schnellen Lösungen für die Flüchtlingskrise. Wer etwa die Schließung der Grenzen fordere und behaupte, dann wäre das Problem gelöst, der gaukele den Menschen etwas vor. Er wandte sich gegen Forderungen aus der Union, das Asylrecht zu ändern. „Am Grundrecht auf Asyl wird nicht gerüttelt.“ Auch wäre ein Aufnahmestopp von Asylbewerbern gar nicht durchsetzbar - es sei denn, man baue eine Mauer wie zu DDR-Zeiten. „Das wird ja wohl kein deutscher Politiker ernsthaft wollen.“

Ähnlich äußerte sich der Unionsfraktionschef im Bundestag, Volker Kauder (CDU), beim Landestag der Jungen Union Baden-Württemberg in Bad Saulgau (Kreis Sigmaringen): Weder Zäune noch eine Sicherung der Grenze durch Polizei und Bundeswehr seien eine Lösung. „Keine Stunde würde es die Mehrzahl der deutschen Bevölkerung aushalten, wenn Bilder kämen, wie Soldaten mit Knüppeln auf Frauen einschlagen, die mit ihren Kindern über die Grenze wollen.“

Gabriel appelliert an heimische Muslime

CDU-Landeschef und -Bundesvize Thomas Strobl argumentierte, man müsse eher dort ansetzen, wo „Fehlanreize“ für Flüchtlinge bestünden. Dies werde in dem geplanten Gesetzespaket konsequent aufgearbeitet. „Bei uns muss keiner Linsen und Spätzle essen, wenn er es nicht mag“, sagte Strobl. „Aber ein paar Regeln gibt es bei uns schon zu beachten.“ JU-Chef Nikolas Löbel hatte hingegen zuvor erneut einen vorläufigen Aufnahmestopp von Asylsuchenden gefordert. „Wir haben unsere Kapazitätsgrenze schon längst überschritten.“

Bei der SPD rief am Samstag Bundesparteichef Sigmar Gabriel Menschen mit Migrationshintergrund dazu auf, als Brückenbauer Flüchtlingen deutsche Werte zu vermitteln. Dabei denke er vor allem an Muslime, die eigene - auch negative - Erfahrungen mit der Integration einbringen könnten. Zuvor müsse aber „Klarheit über unseren eigenen Charakter“ hergestellt werden. Verstöße gegen Regeln wie Religionsfreiheit, Gleichberechtigung von Mann und Frau sowie Akzeptanz von Homosexualität müssten sanktioniert werden.