Franz Josef Strauß wusste noch, was eine Zeitung zu liefern hat: Liebe zu Bayern, Treue zu Deutschland, Bekenntnis zu Europa. So jedenfalls lautete das hehre Programm der CSU-Parteizeitung „Bayernkurier“. Ob sie dem immer gerecht wurde, ist nun eine Frage für Historiker: Die Abschiedsausgabe erscheint.

München - Für Franz Josef Strauß war der „Bayernkurier“ so etwas ähnliches wie Twitter heute für US-Präsident Donald Trump. Wann immer der CSU-Übervater (1915-1988) in seiner Zeit als Generalsekretär oder später als Parteichef seine politischen Botschaften verbreiten wollte, standen sie in großen Lettern auf der Titelseite des Parteiorgans.

 

Doch die Veränderungen in der Medien- und Parteienlandschaft machen auch vor der am 3. Juni 1950 erstmals erschienen CSU-Zeitung nicht halt: Mit der Ausgabe am 16. November gehen beim „Bayernkurier“ die Lichter aus. Auf Drängen von Parteichef Markus Söder und Generalsekretär Markus Blume wird das hoch defizitäre Blatt eingestellt.

Nach der Aufhebung der besatzungspolitischen Lizenzpflicht 1949 war es für alle Parteien möglich, eigene Zeitungen herauszugeben. „Der „Bayernkurier“ wird Wochenzeitung der Partei sein, in der über Grundlagen und Ziele unserer Politik über unsere Arbeit und Leistung in Bayern und Bonn berichtet wird“, definierte Strauß 1950 die Zielsetzung. Für 50 Pfennig war das Blatt auch am Kiosk erhältlich.

Hauptgegner war nicht die SPD

Hauptgegner war in den ersten Jahren übrigens nicht die SPD, sondern die heute weitgehend bedeutungslose Bayernpartei. Sie wetteiferte damals mit der CSU noch um die Vorherrschaft im Freistaat. Ansonsten nutzte Strauß gerne jede Zeile dafür, die eigenen Koalitionspartner im Bund vor sich her zu treiben. „Der ,Bayernkurier’ übernimmt eine Aufgabe, die für den Erhalt der Eigenstaatlichkeit Bayerns und für das Ansehen Bayerns im Deutschen Bund von wesentlicher Bedeutung ist“, formulierte es Strauß. Inhaltlich getragen sei er von der Liebe zu Bayern, der Treue zu Deutschland und dem Bekenntnis zu Europa.

Die Entscheidung, den seit Mai 2015 als Magazin erscheinenden „Bayernkurier“ einzustellen, hat sich die CSU nicht leicht gemacht. Ex-Parteichef Horst Seehofer war es damals, der versuchte, den schleichenden Exodus durch eine neue Optik zu verhindern. Ohne Erfolg. Dem Vernehmen nach lag das jährliche Defizit zuletzt bei 600 000 Euro.

Der Geist weht weiter

Die Partei muss in Zeiten stetig wachsender Auseinandersetzungen in sozialen Netzwerken ihre begrenzten Mittel umschichten. Das Printmagazin hatte zuletzt rund 5000 Abonnenten und eine Druckauflage von 20 000. Dazu gibt es noch 30 000. Die Seite „Bayernkurier.de“ hat laut CSU rund 54 000 Nutzer im Monat.

„Weil unsere finanziellen Ressourcen begrenzt sind, führt das natürlich zu schweren Entscheidungen. Der „Bayernkurier“ war uns über Jahrzehnte lieb und teuer, aber die Prioritäten liegen heute woanders“, sagt Blume. Der Geist des „Bayernkuriers“ wehe dennoch weiter: „Authentisch, meinungsstark und näher am Menschen - das ist und bleibt unser Verständnis von deutlicher Aussprache.“

Wie es um die finanzielle Lage der CSU konkret bestellt ist, zeigte sich erst vor wenigen Wochen: Auf dem Parteitag musste die CSU eine Erhöhung ihres Mitgliedsbeitrags von 70 auf 80 Euro beschließen, damit die stetig steigenden Kosten für Parteiapparat, Wahlkämpfe und die sonstige Kampagnenfähigkeit finanziert werden können.

Die CSU-App soll Nachfolgerin sein

„Die Situation im Jahr 2019 ist so: Franz Josef Strauß würde heute keinen ,Bayernkurier’ mehr gründen. Wenn man im Jahr 2019 an Kommunikation denkt, denkt man nicht zuerst an eine Zeitung“, sagt Blume über die Einstellung, die in der Partei durchaus auch viele kritische Stimmen hervorgerufen hat. Was früher die Parteizeitung gewesen sei, sei heute die CSU-App und der eigene Youtube-Kanal. „Wir wollen heute auf allen Plattformen präsent sein und legen deshalb den Schalter um auf „digital zuerst“.“ Längst seien auch viele Senioren „mehr und mehr online“ unterwegs.

Die Stimmung in der Redaktion des „Bayernkuriers“ war in den vergangenen Wochen ungewöhnlich - kein Wunder, wenn die letzte Ausgabe geschrieben und gestaltet werden muss. Auf 30 Seiten widmet sich das Blatt darin seiner eigenen Geschichte, jener goldenen Zeit, in der kein Politik-Journalist ohne den „Bayernkurier“ mit Strauß’ exklusiven Botschaften auskommen konnte, wie „Bayernkurier“-Redakteur Gregor Dolak sagt. Abgebildet werden zum Finale noch einmal viele legendäre Titelseiten: etwa zur ersten Großen Koalition, die als zeitlich befristeter „Zweckverband für deutsche Politik“ gesehen wurde, zur Spiegelaffäre und zum Bau der Berliner Mauer.