Alle Beteuerungen, den Austausch zwischen Ludwigsburg und seiner Partnerstadt Jevpatorija auf der Krim aufrecht zu halten, laufen ins Leere. Ein Visum zu bekommen, ist schwer. Auch für Schüler gibt es keine Ausnahmen.

Familie/Bildung/Soziales: Hilke Lorenz (ilo)

Ludwigsburg - Kerzen werden die Krimbewohner zum Jahreswechsel wohl nur noch aus Dekorationsgründen anzünden müssen. Denn es gibt zumindest eine gute Nachricht: Jevpatorija, die Ludwigsburger Partnerstadt auf der Krim, hat wieder dauerhaft Strom. Das berichtet Siegfried Bauer, der Ludwigsburger Stadtmusikdirektor, nach Telefonaten mit Iwan Rabakon. Mit dem Leiter des Balalaika-Ensembles von Jevpatorija verbindet Bauer, der das Ludwigsburger Sinfonieorchester leitet, eine langjährige musikalische Zusammenarbeit und Freundschaft.

 

Auch Tanja Kittel-Vovk, die regelmäßig mit ihren Eltern in Jevpatorija telefoniert, berichtet von einer wiedereingekehrten Normalität: Es gebe zur Freude aller wieder heißes Wasser zum Duschen.

Die Stromversorgung war am letzten Novemberwochenende zusammengebrochen, weil eine militante Gruppe, die sich zur Minderheit der Krim-Tartaren zählt, die Versorgung durch einen Anschlag auf mehrere Strommasten sabotiert hatte. Dadurch waren Kabel, die den Strom von der Ukraine auf die Krim führen, beschädigt worden. Nun wird die Schwarzmeerhalbinsel über eine Leitung aus Russland mit Elektrizität versorgt.

Die Partnerschaft ruht weiterhin

Doch damit erschöpfen sich die frohen Botschaften auch schon. Weitere gute Nachrichten gibt es aus Sicht der Menschen in den Partnerstädten Ludwigsburg und Jevpatorija nicht zu vermelden. Gerade im 25. Jahr der Partnerschaft ist der Städtebund durch die Annexion der Krim durch Russland auf eine harte Probe gestellt worden. So liegt zum Beispiel der Schüleraustausch auf Eis.

Die beiden Städte teilen ihr Schicksal mit Baden-Baden und Heidelberg, die mit Jalta und Simferopol ebenfalls Partnerstädte auf der Schwarzmeerinsel haben. Überall ruhen die Beziehungen. Im September ist lediglich eine Vertretung des Freundeskreises Jevpatorija auf die Krim gereist.

Das Auswärtige Amt lässt keine Ausnahmen zu

Von gegenseitigen Besuchen zur Jahreswende können die Menschen im Moment nur träumen. Als Ulrich Hebenstreit, der Vorsitzende des Freundeskreises Jevpatorija, im November zu einer Nachlese der Reise eingeladen hat, war der Tenor zwar klar: die Beziehungen auf die Krim sollen nicht einschlafen. Doch im Moment ist das nicht viel mehr als ein frommer Wunsch. Kein Musiker, kein Stelzentänzer, kein Schüler kann offiziell nach Deutschland zu Schüleraustausch oder Auftritt ausreisen. Denn das Beschaffen eines Visums ist schier unmöglich. Gerade aber der Schüleraustausch liegt allen Beteiligten in Ludwigsburg und in Jevpatorija am Herzen. Die Idee, über die Bundestagsabgeordneten der drei mit der Krim verbundenen Städte etwas zu bewirken, habe auch keinen neuen Weg aufgetan, berichtet der Ludwigsburger Bundestagabgeordnete Steffen Bilger (CDU). Das Auswärtige Amt meide alles, was sich als Anerkennung der Krim-Annexion interpretieren ließe, erklärt Bilger. Die Idee einer Ausnahmeregelung für Schüler hatten der Oberbürgermeister Werner Spec und Hans-Jochen Henke, der die Partnerschaft 1990 aus der Taufe gehoben hat, ins Spiel gebracht.

Bauer hofft, dass die Stelzentänzer 2016 kommen

Aus dem Auswärtigen Amt heißt es zu den Visums-Modalitäten, „dass Deutschland die Zugehörigkeit der Krim zu Russland und damit die Zuständigkeit dort eingerichteter Behörden zur Ausstellung von Pässen vor dem Hintergrund der völkerrechtswidrigen Besetzung der Krim nicht anerkennt“. Ein Schüleraustausch ist aus Sicht der Behörde deshalb ein „Austausch im Rahmen einer deutsch-ukrainischen Städtepartnerschaft“.

Das heißt: Bewohner der Krim mit alten ukrainischen und solche mit russischen Pässen, die vor dem Referendum im März 2014 ausgestellt worden sind, können ein Besuchervisum in der deutschen Botschaft in Kiew beantragen. Viele haben jedoch russische Pässe, die später ausgestellt wurden. Für sie bleibt nur der Weg, ein Visum für den Schengenraum zu beantragen, zu dem Deutschland gehört. Siegfried Bauer hofft, dass die Stelzentänzer so zur Venezianischen Messe 2016 anreisen können.