Elektrobeats und Ballermannstimmung: Ein Sänger aus Backnang feiert mit seiner Partymusik Erfolge. Warum er jedoch nicht mehr als „singender Polizist“ bezeichnet werden will, lesen Sie hier.

Rems-Murr: Phillip Weingand (wei)

Rems-Murr-Kreis - Die Gläser sind voll mit Gerstensaft, elektronische Beats dröhnen. „Wir wollen heute eskalieren geh’n, und wollen noch mehr Bier“, singen die beiden jungen Männer. Das Duo mit Jeansjacken und Sonnenbrillen nennt sich „Kommando Vollgas“ und ihr Song „Wir sind Bierfans“ kommt auf der Videoplattform Youtube gut an: „Hammer Lied, ein echter Ohrwurm“, schreibt eine Nutzerin. „Das ist aus meiner Sicht der neue Mallekracher“, pflichtet ein anderer bei. „Das motiviert voll zum Saufen“, schreibt einer, offenbar begeistert.

 

Zur Aprés-Ski-Saison nach Österreich

Einer der beiden Männer ist Dominik Holl aus Backnang, 28 Jahre alt, hauptberuflich Polizist, nebenberuflich als Sänger „Pheel Awsom“ (auf deutsch etwa: „Fühl’ dich großartig“) unterwegs. Normalerweise geht seine Musik in Richtung Elektropop und House – unter anderem hat er eine Coverversion von The Callings „Wherever You Will Go“ veröffentlicht. Für „Kommando Vollgas“ hat er sich mit dem Schlagersänger Michael Müller alias „Schürze“ zusammengetan. Der Biersong ist das erste Produkt ihrer Zusammenarbeit. „Eigentlich hat das als Spaßprojekt begonnen. Wir wollten mal unsere Musikstile kombinieren“, erzählt Holl.

Mit Erfolg: „Kommando Vollgas“ hat jetzt einen Vertrag bei einer Kölner Plattenfirma abgestaubt, ab Oktober kümmert sich zudem eine Agentur um mehr Konzerte für die beiden Partymusiker. Im Oktober zum Beispiel trat das Duo live in Grandls Hofbräu-Zelt auf dem Cannstatter Wasen auf. Für die Aprés-Ski-Saison sei im Dezember sogar eine Tournee geplant, sagt Holl: „Es geht nach Ischgl, Sölden und so weiter.“

Der Biersong ist bereits auf einer Sampler-CD

Auch sonst ist es in der vergangenen Zeit für ihn und seine Musik ziemlich bergauf gegangen. „Unsere Single hat es sogar auf die Ballermann-Hits Party 2020 geschafft“, erklärt Holl stolz. Auf der seit Jahren jährlich erscheinenden Sampler-CD ist der Biersong zwischen Werken von einschlägigen Szenegrößen wie Mickie Krause , dem Song „Saufi, Saufi“ des Geislinger Partysängers Tobee oder „Ufftata“ der Gruppe Geilomat zu finden.

Doch lässt sich eine solche Ode an den Alkoholmissbrauch eigentlich mit seinem Beruf vereinbaren? Holls Chef, der Aalener Polizeipräsident Reiner Möller, hatte diesbezüglich zumindest Bedenken – und beauftragte die Rechtsabteilung der Polizei, um zu prüfen, ob der Hauptmeister und Bierfan Holl mit dem Song dem Ansehen der Ordnungshüter schade. Immerhin ist gesetzlich vorgeschrieben, dass Polizisten und andere Staatsbedienstete sich auch in ihrer Freizeit so verhalten, dass sie „der Achtung und dem Vertrauen gerecht werden, die ihr Beruf erfordern“.

Partylied ist aus juristischer Sicht unbedenklich

Die Juristen hatten wegen des Lieds allerdings keine Bedenken. Der Trubel um den Biersong blieb also ohne offizielle Folgen für Holl – und trotzdem kündigt der 28-Jährige einen Wandel an. Zu Beginn seiner musikalischen Tätigkeit hatte sich Holl noch selbst als „singender Polizist“ vermarktet, für eine Boulevardzeitung ließ er sich sogar mit Uniform und Mikrofon ablichten. Damit soll jetzt Schluss sein: „Ich habe entschieden, das strenger zu trennen – aus Respekt vor dem Beruf“, erklärt Holl. Er betont, auf Konzerten oder in Videos niemals als uniformierter Ordnungshüter aufgetreten zu sein. „Auf der Bühne ist es bei mir sowieso, als würde ein Schalter umgelegt. Dann bin ich weder Privatperson noch Polizist, sondern eine Kunstfigur und lasse den Entertainer in mir ’rauskommen“, sagt er.

Davon, seinen Hauptberuf für die Karriere als Partysänger aufzugeben, könne auch noch keine Rede sein: „Da müsste schon sehr viel passieren“, sagt er. Ein paar Träume hat er natürlich schon.