Die vergangenen Wochen waren heiß, zu heiß, um im völlig überhitzten Wohnzimmer Tee zu trinken. Wir machen Ausflüge: Eis essen, Besuch auf einem Kinderfest, und einen Tag gehen wir ins Killesberg-Freibad. Zum Glück ist eine Freundin von mir dabei. Die Kinder, natürlich alle Nichtschwimmer, hätte ich allein nicht im Auge behalten können. Sie toben und planschen wild herum, sind vollkommen außer Rand und Band vor Begeisterung. Wir spielen auch Ball, essen hinterher Pommes, ein ganz normaler Freibadbesuch eben. Auch Alina scheint es zu genießen, mal raus zu kommen – obwohl sie in voller Montur mit ihrem Kopftuch die ganze Zeit unter einem Baum sitzt und uns zuschaut. Ihre Schwester Amber ist lieber gleich zuhause geblieben. Die älteren Mädchen würden wohl nur im Burkini ins Wasser gehen, aber so was besitzen sie nicht.

 

Als ich die Kinder dann am Abend nach Hause fahre, spüre ich deutlich: Das war ihr schönster Ferientag. Oft bedauere ich, dass ich nicht mehr Zeit für Familie Sahar habe. Eigentlich müsste ich jeden Tag bei ihnen sein, mit ihnen Hausaufgaben machen und Deutsch üben. Deutsch, Deutsch, Deutsch.

Ein ganzes Jahr kennen wir uns jetzt. Ich habe sie alle miteinander tief in mein Herz geschlossen. Und ich spüre, dass es mir auch ganz viel gibt, wenn ich bei ihnen bin. Auch wenn ich im Wohnzimmer auf sie warten muss und Verabredungen oft nicht eingehalten werden. Sie kommen aus einem anderen Kulturkreis und haben ein völlig anderes Verständnis von Raum und Zeit. Alles, was ich tun kann, ist nur der berühmte Tropfen auf dem heißen Stein. Ich habe eine eigene Familie, ein eigenes Leben – und ich schaffe das nicht alleine. Aber es heißt ja auch: Wir schaffen das.

Autorin :
Die Journalistin Uschi Strautmann, Jahrgang 1961, arbeitet seit mehr als 20 Jahren beim SWR in Stuttgart und verantwortet dort alle aktuellen TV-Informationssendungen – von „Landesschau aktuell“ bis „Zur Sache“. Sie kommt eigentlich von der Zeitung, hat nach ihrem Studium in Kiel und in Freiburg unter anderem bei der Neuen Osnabrücker Zeitung ihr Handwerk gelernt und viele Jahre als Zeitungs- und Fernsehreporterin gearbeitet. Sie ist verheiratet und hat einen erwachsenen Sohn. Seit einem Jahr betreut sie in Stuttgart ehrenamtlich eine Flüchtlingsfamilie aus dem Sudan.