Experten weisen seit Monaten auf den Missstand hin. Eine neue Arbeitsgruppe sucht Lösungen für den Kreis Ludwigsburg.

Ludwigsburg: Anne Rheingans (afu)

Kinder und Jugendliche, die psychiatrische Hilfe benötigen, haben im Landkreis Ludwigsburg derzeit schlechte Karten. Gleichzeitig ist diese Generation durch die Folgen der Coronapandemie nach wie vor psychisch besonders belastet. Die Nachricht, dass es zu wenige stationäre Betten in den Kliniken gibt, hat bereits vor Monaten die Kommunalpolitik erreicht. Nun soll an einer Lösung gearbeitet werden.

 

Der Jugendhilfeausschuss des Landkreises Ludwigsburg hat jetzt einstimmig beschlossen, dass ein neues Gremium ins Leben gerufen werden soll, um die notwendigen Verbesserungen voranzutreiben. Ihm sollen Vertreter niedergelassener Ärzte, der Kliniken, des Sozialministeriums, der Verwaltung und der Kreistagsfraktionen angehören.

Strukturen müssen sich ändern

Dabei geht es unter anderem darum, die Strukturen zu verändern. Momentan ist es so, dass es im Kreis Ludwigsburg kein Zentrum für stationäre Kinder- und Jugendpsychiatrie gibt, obwohl der Anteil junger Einwohner vergleichsweise hoch ist. Junge Patienten aus dem östlichen Landkreis werden in eine Einrichtung bei Calw, solche aus dem westlichen Teil des Kreises in die Klinik in Weinsberg verwiesen. Diese Aufteilung löst nicht nur Verwirrung aus, sondern führt auch dazu, dass selbst der Kreisverwaltung unklar ist, wie viele stationäre Betten für ihre jungen Bürger konkret bereitstehen.

Neben der ungünstigen Struktur gibt es eine weitere Herausforderung: Der Bedarf an stationären Plätzen in der Psychiatrie ist kontinuierlich angestiegen. In den beiden zuständigen Kliniken gibt es für planbare Aufnahmen wochen- oder sogar monatelange Wartelisten. Die meisten der behandelten Kinder und Jugendlichen leiden an Depressionen, Essstörungen, Angst- und Zwangserkrankungen. Viele niedergelassene Ärzte und Psychiater im Kinder- und Jugendbereich werten die Situation hinsichtlich der stationären Plätze für die Betroffenen aus dem Kreis Ludwigsburg als äußerst unbefriedigend. Sie haben Unterschriften gesammelt und bei der Aktion darauf hingewiesen, dass die psychiatrische Versorgung im Landkreis dem Bedarf in keiner Weise gerecht werde.

Vor der Arbeitsgruppe liegt ein langer Weg

Von Experten wird auch das ambulante Angebot als unzureichend eingeschätzt. Die Rede ist von langen Wartezeiten und Aufnahmestopps.

Nach Einschätzung von Heiner Pfrommer vom Landratsamt erwartet das neue Gremium angesichts der großen Herausforderungen ein langer Weg. Kurzfristig sei nur mit wenigen zusätzlichen Kapazitäten zu rechen. Der Sozialdezernent gibt zu bedenken, dass es nicht mit einer Steigerung der Bettenanzahl getan ist. „Auch die Personalsituation ist heute schon ein Thema“, sagt er und verweist auf den Fachkräftemangel. Es müssten Anreize geschaffen werden.