Statt 1000 Flüchtlingen leben im Patrick-Henry-Village derzeit 2800 Menschen. Die Behelfsaufnahmestelle ist chronisch überbelegt – und Woche für Woche landen weitere Neuankömmlinge in Heidelberg. Die Stadt dringt darauf, dass das Land die Flüchtlinge auch in anderen Städten unterbringt.

Heidelberg - Im Patrick-Henry-Village (PHV), der ehemaligen US-Siedlung im Heidelberger Süden, reichen die ursprünglich vorgesehenen Wohngebäude schon lange nicht mehr für die behelfsmäßige Unterbringung von Flüchtlingen, die das Land dort Ende 2014 eingerichtet hat. Die Mannschaftsräume sind ebenso überfüllt wie das Casino mit seinen Feldbetten.

 

Mitte Mai und Ende Juni, als der Gemeinderat einer Verlängerung der Einrichtung zugestimmt hatte, war von einer Regelbelegung mit 1000 Menschen die Rede, in Ausnahmen sollten bis maximal 2000 Flüchtlinge untergebracht werden. Eine entsprechende Vereinbarung, die die Stadt möchte, hat das Land aber bis heute nicht unterschrieben. Stattdessen schickt das zuständige Ministerium von Woche zu Woche mehr Flüchtlinge in die Unterkunft. Gestern lebten nach Angaben der Polizei bereits 2800 Flüchtlinge im PHV.

Sozialbürgermeister: Kapazitäten auch in anderen Städten schaffen

„Die Situation ist für niemanden tragbar“, sagte der Sozialbürgermeister Joachim Gerner (SPD) schon vor einer Woche, nachdem notfallmäßig 17 Flüchtlinge eine Nacht lang im Hof des Polizeireviers Süd campieren mussten, weil sie in der in der offiziellen Behelfsmäßigen Erstaufnahmestelle (BEA) nicht mehr unterkamen. „Das Land muss endlich in weiteren Städten Aufnahmekapazitäten schaffen“, forderte er. „Solche Großeinheiten sind einfach nicht mehr zu handhaben“, klagte auch der Heidelberger OB Eckart Würzner. Von Ärger über das Land will offiziell im Rathaus dennoch keiner reden. „Aber wir sind besorgt, wenn wir sehen, dass die Belegung Dimensionen annimmt, die wir in der Stadt nicht mehr abbilden können“, sagt ein Sprecher. Heidelberg habe seit Jahren weit über den Landesdurchschnitt hinaus freiwillig Flüchtlinge aufgenommen, „da setzten wir jetzt schon darauf, dass wir im Sinne einer vertrauensvollen Zusammenarbeit nicht weiter einseitig in Anspruch genommen werden“, gesteht er.

Die Polizei hat ihre Präsenz massiv ausgebaut

Auch die Polizei sieht die Lage kritisch. Zwar hat es seit einer Schlägerei mit 70 Leuten Ende Juni keine größeren Zwischenfälle mehr gegeben.

„Je mehr Leute da sind, desto empfindlicher wird die Stimmung – das merkt man“, sagt Norbert Schätzle, Sprecher des Polizeipräsidiums Mannheim Das hat seit Januar die Präsenz stetig erhöht, es gibt einen Posten in der Unterkunft, der tagsüber ständig mit zwei Beamten besetzt ist, neuerdings sind vier Streifen der Bereitschaftspolizei im Einsatz. „Dennoch sind wir jeden Tag mindestens noch einmal zusätzlich vor Ort, um bei Auseinandersetzungen zu schlichten, mit denen sich der Betreiber und der private Sicherheitsdienst überfordert fühlen“, sagt Schätzle.