Patrick Wiencek vom THW Kiel Bam-Bam sagt Bye-bye in Göppingen

THW-Kapitän Domagoj Duvnjak überlässt Patrick Wiencek den DHB-Pokal, nach dem Jubel folgte am Mittwoch die Enttäuschung in der Liga. Foto: www.imago-images.de/IMAGO/Anke Waelischmiller/SvenSimon/Eibner

Patrick Wiencek läuft am Karsamstag letztmals für den THW Kiel bei einem Handball-Bundesligaspiel bei Frisch Auf Göppingen auf. Was will der 36-Jährige zum Abschluss seiner Karriere noch erreichen? Was kommt danach?

Sport: Jürgen Frey (jüf)

Es war eine Geste für einen Großen. Kapitän Domagoj Duvnjak schob Patrick Wiencek ins Rampenlicht und auf die DHB-Pokal-Trophäe zu. Es sollte der stille Blonde mit dem Kämpferherzen sein, der die 3,5 Kilogramm schwere silberne Trophäe als Erster vor den glänzenden Augen seiner Mitspieler im goldenen Konfetti-Regen in der Lansxess Arena nach oben reckt. Es war eine Hommage an den 36-Jährigen, langjährigen Mannschaftskollegen, der 2012 vom VfL Gummersbach nach Kiel gekommen war, der nun seinen 13. Titel mit dem THW gewonnen hatte, und der am Ende dieser Saison seine Profikarriere beenden wird.

 

DHB-Pokal-Sieg mit Folgen

„Das ist ein ganz besonderer Erfolg für mich. Auch, weil er in Köln geholt wurde. In der Halle in der ich viele großartige Momente, aber auch einige sehr bittere Niederlagen erlebt habe“, sagte Wiencek. Seinem Naturell entsprechend, stellte er dann aber aber ganz schnell die Mannschaft in den Fokus seiner Gedanken: „Dieser Titel nimmt den jungen Spielern ein wenig den Druck, den es durch die unfassbar enge und spannende stärkste Liga der Welt gibt.“ Denn durch den DHB-Pokal-Triumph im Finale gegen die MT Melsungen ist der THW automatisch für die European League qualifiziert, steht im kommenden DHB-Pokal-Wettbewerb bereits im Achtelfinale und die Supercup-Teilnahme (23. August in München) ist auch gesichert.

Doch noch gibt es für den Kreisläufer vor der Handball-Rente in der laufenden Saison weitere Ziele zu erreichen. In der European League geht es im Viertelfinale gegen Limoges Handball (22. April, auswärts, 29. April daheim) um den Einzug ins Final Four in Hamburg (24./25. Mai). In der Bundesliga ist der Meisterschaftszug nach dem 34:36 am Mittwoch gegen die Füchse Berlin allerdings nach menschlichem Ermessen abgefahren.

Ausgeruhte Göppinger

Ob sich der THW am Karsamstag (19 Uhr/EWS-Arena, es gibt noch Stehplatztickets) bei Frisch Auf Göppingen noch einmal aufraffen wird? Bei einem Gegner, der bei seinem 36:30- Überraschungssieg am 6. April in Hannover letztmals am Ball war. Seitdem hat der THW zwei kräfteraubende DHB-Pokal-Final-Four-Spiele und das bis zur letzten Sekunde umkämpfte Ligamatch gegen die Füchse am Mittwoch hinter sich gebracht.

Respekt vor Frisch Auf

Geht man bei einer solch ungleichen Konstellation bei den ausgeruhten Göppingern überhaupt als klarer Favorit ins Rennen? „Ein Handball-Experte hat jüngst gesagt, dass der THW Kiel immer Favorit ist, egal in welcher Verfassung und mit welchem Kader. Eben weil es der THW Kiel ist“, sagt Wiencek, räumt aber ein: „In dieser Liga gibt es den klaren Favoriten in keinem Spiel mehr. Wenn man die Göppinger anschaut, die zuletzt nicht nur in Hannover, sondern auch gegen Flensburg gepunktet haben, ist man auf jeden Fall gewarnt.“

Viele heiße Duelle hat sich Wiencek in der EWS-Arena geliefert. Besonders gern denkt er an das Auswärtsspiel am letzten Spieltag der Saison 2022/23 zurück, als der THW durch einen Sieg die Meisterschaft perfekt machte und auch die Frisch-Auf-Fans den THW mit stehenden Ovationen bei der Siegerehrung feierten.

159 Länderspiele, 316 Tore

Am Samstag sagt Bam-Bam, wie Wiencek in Anlehnung an den Sohn von Barney Geröllheimer aus der TV-Serie „Familie Feuerstein“ gerufen wird, Bye-bye in Göppingen. Es wird der letzte Auftritt des sanften Riesen unterm Hohenstaufen. In Erinnerung bleibt ein unerbittlicher Abwehrspieler, auf dem Feld hart wie Granit, außerhalb sanftmütig und weich wie Omas Sofa. 159 Länderspiele (316 Tore) hat er für die deutsche Nationalmannschaft absolviert.

Olympia-Bronze 2016

Sein größter Erfolg war die Bronzemedaille bei den Olympischen Spielen in Rio 2016. Den EM-Triumph im gleichen Jahr hatte er wegen eines Kreuzbandrisses verpasst, genauso Olympia Peking 2021 wegen eines Wadenbeinbruchs. Mit dem THW hat der 2,01 Meter große gebürtige Duisburger mit polnischen Wurzeln ohnehin alles abgeräumt.

Dass es nach seinem Karriereende mit seiner Frau Fabienne und den Kindern Paul (10) und Lotta (13) an der Förde bleiben wird, war schon länger klar. Wiencek wechselt in die Geschäftsstelle des THW, übernimmt repräsentative und operative Aufgaben, kümmert sich um Sponsoren und die Neuzugänge in der Zebra-Herde. Das Zusammensein mit den anderen Jungs in der Kabine wird er vermissen, glaubt er jetzt schon zu wissen, nicht dagegen die stundenlangen Busfahrten zu Auswärtsspielen.

Abschiedsspiel am 25. Juli

Ob das Triple der perfekte Abschied (gewesen) wäre? Wiencek Antwort: Der perfekte Abschluss meiner Karriere wird auf jeden Fall mein Abschiedsspiel am 25. Juli – da bin ich mir sicher.“ Genauso klar: An Gesten für einen Großen wird es an diesem Tag nicht fehlen.

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