Kurz vor der WM verlassen drei prominente Sportlerinnen und die Marketingchefin den Traditionsclub. Was im Zusammenhang mit dem Missbrauchsvorwurf gegen einen ehemaligen Trainer steht.

Titelteam Stuttgarter Zeitung: Peter Stolterfoht (sto)

Tauberbischofsheim - Es gehört zu den ungeschriebenen Gesetzen im Fechten, dass bei internationalen Wettkämpfen Sportlerinnen des FC Tauberbischofsheim das komplette deutsche Frauenflorett-Team bilden. Bei den am 19. Juli im chinesischen Wuxi beginnenden Weltmeisterschaften wird das wohl zum letzten Mal der Fall sein, nachdem am vergangenen Freitag Anne Sauer und Leonie Ebert nach Informationen der Stuttgarter Zeitung und der „Mainpost“ ihre Kündigungen zum 31. Juli beim – an Medaillen gemessen – erfolgreichsten deutschen Sportverein eingereicht haben. Außerdem kehrt auch die über viele Jahre lang beste deutsche Florettfechterin dem FC Tauberbischofsheim den Rücken. Wegen der Geburt ihres ersten Kindes steht Carolin Golubytskyi bei der WM dem deutschen Team aber nicht zur Verfügung, zu dem neben Anne Sauer und Leonie Ebert Leandra Behr sowie Eva Hampel gehören.

 

Damit aber nicht genug der Abgänge. Zum Ende des Jahres wird Rita König, die Geschäftsführerin der Sport-Marketing Tauberbischofsheim, das Fechtzentrum verlassen. Die Kündigungen sind allesamt im Zusammenhang mit dem Tauberbischofsheimer Fall zu sehen, der im deutschen Sport in den vergangenen Monaten für große Aufregung gesorgt hatte. Carolin Golubytskyi beschuldigte Ende 2016 den langjährigen Landestrainer Sven Todt, sie 2003 massiv sexuell bedrängt zu haben. Ende 2016 wurde Sven Todt daraufhin von seinem Arbeitgeber, dem Landessportverband Baden-Württemberg, entlassen. Dagegen klagte der Trainer. Unter das langwierige Verfahren wurde vor knapp drei Monaten mit einem Vergleich ein Schlussstrich gezogen.

Tiefe Gräben am Fechtzentrum in Tauberbischofsheim

Zuvor hatte der entlassene Trainer vor dem Landesarbeitsgericht in Stuttgart mehrfach beteuert, Opfer einer Intrige zu sein, die die Tauberbischofsheimer Marketingchefin initiiert habe. Was Rita König über ihren Anwalt scharf dementieren ließ.

Die Folge des Prozesses war, dass das Tauberbischofsheimer Fechtzentrum in zwei Lager gespalten wurde. Bereits vorhandene Gräben wurde dort noch tiefer. Auf der einen Seite standen diejenigen, die dem Trainer glaubten, wie Vorstandsmitglieder des Fechtclubs. Denen gegenüber positionierten sich jene, die keine Zweifel an der Aussage von Carolin Golubytski und Rita König hatten. Dazu gehörten neben den Fechterinnen Anne Sauer und Leonie Ebert Personen der Stiftung Fechtsport, deren Tochterunternehmen die Sport-Marketing ist.

Die konträren Positionen, zu der auch unterschiedliche Ansätze gehören, wie das kriselnde Fechten in Tauberbischofsheim wieder flott gemacht werden soll, standen einer weiteren Zusammenarbeit mit Rita König im Weg. Weshalb ihr Anstellungsvertrag nun am 31. Dezember 2018 endet. „Grund hierfür sind hauptsächlich geplante Strukturveränderungen bei der Sport-Marketing Tauberbischofsheim GmbH in den nächsten Monaten“, schreibt Rita König in einer Stellungnahme. Es ist offenbar geplant, die SMT direkt an den FC Tauberbischofsheim anzudocken. Was das vom einstigen Fechtchef Emil Beck kompliziert verschachtelte Tauberbischofsheimer System vereinfachen würde. Diese Perspektive stellt allerdings für Rita König keine Option dar, stünde sie dann nicht mehr unter dem Schutz der Stiftung, von der sie bis zuletzt Rückendeckung erhalten hatte.

Zur Neuausrichtung im Fechtzentrum gehört außerdem, dass der CDU-Bundestagsabgeordnete und ehemalige Turnweltmeister Eberhard Gienger in den Vorstand des FC Tauberbischofsheim gewählt wurde und der frühere Fellbacher Oberbürgermeister Christoph Palm im Beirat eine wichtige Rolle spielen soll.