Damen des Lions Club Stuttgart – Altes Schloss unterstützen das Paulusstift für junge Mütter in Not mit einer Spende. Bei der Schecküberreichung gab es auch kritische Töne.

S-Ost - Abtreiben, zur Adoption freigeben oder die Verantwortung übernehmen? Diese Fragen stellen sich nicht nur werdende Teenie-Mütter, sondern auch erwachsene Frauen, die sich in einer schwierigen Lebenslage befinden. Die jungen Mädchen und Frauen, die in Wohngruppen im Paulusstift im Stuttgarter Stadtteil Berg betreut werden, haben sich für das neue Leben entschieden.

 

Vor mehr als hundert Jahre wurde das Paulusstift als Heim für alleinstehende Mütter gegründet. Dort werden hilfsbedürftige Mädchen und Frauen begleitet, unterstützt und fit für ein selbstständiges Leben mit Kind gemacht. „Das sind junge Mädchen und Frauen, die nicht auf der Sonnenseite des Lebens, sondern am Rande der Gesellschaft stehen“, sagt Therese Wieland. Die Stiftungsratsvorsitzende der Stiftung Frauenleben – als Teil des Sozialdienst katholischer Frauen (SkF) unter anderem zuständig für die langfristige Sicherung der Hilfsangebote im Paulusstift – hat jetzt gemeinsam mit der Einrichtungsleiterin Heidi Nagler einen Spendenscheck in Höhe von 5400 Euro entgegengenommen. Das Geld stammt aus einer Weihnachtsaktion des Lions Club Stuttgart – Altes Schloss.

Über die Arbeit im Heim informiert

Vertreterinnen des Clubs nutzten die Gelegenheit nicht nur zur Übergabe des symbolischen Schecks, sondern auch dazu, sich eingehend über die Arbeit im Heim zu informieren. Aktuell werden in der Mutter-Kind-Einrichtung insgesamt 30 alleinerziehende oder schwangere Mädchen und Frauen im Alter von 14 bis 30 Jahren betreut. Die Gründe für den Aufenthalt sind unterschiedlich: Soziale, emotionale, familiäre, persönliche oder psychische Probleme führen dazu, dass die jungen Schwangeren und Mütter mit ihrer Situation nicht alleine zurechtkommen. Nicht selten spielen Alkohol- und Drogenkonsum, Obdachlosigkeit, Gewalterfahrungen und sexueller Missbrauch in der Vergangenheit eine Rolle.

Ganz freiwillig sind die Bewohnerinnen nicht in der Einrichtung. Sie werden vom Jugendamt zugewiesen. Lehnen sie die Hilfe ab, riskieren sie, ihr Kind an eine Pflegestelle zu verlieren. Auch aus diesem Grund ist das Paulusstift bemüht, den Mädchen und Frauen ihren Aufenthalt so attraktiv wie möglich zu gestalten. „Vor dem Umbau des Heims war die Belegung schlecht“, erklärt Therese Wieland den interessierten Frauen des Lions Clubs. Die Frauen lebten vor einigen Jahren noch in 14 Quadratmeter kleinen Zimmern, Partner hatten keinen Zutritt, die Mitarbeiterinnen waren nicht optimal geschult.

Frage nach der Verhütung

Das ist heute alles anders. Die Betreuerinnen erhalten regelmäßig Schulungen, Partner und auch Eltern der Mütter werden weitgehend in die Arbeit eingebunden. Männer haben mittlerweile nicht nur ein Besuchsrecht, sondern dürfen an Wochenenden auch bei den Frauen übernachten. „Wir setzen auf Aufklärungsarbeit und beraten die Mädchen und Frauen hinsichtlich der Verhütung“, sagt Heimleiterin Heidi Nagler auf Nachfrage einer Lions-Dame, wie man verhindern könne, dass weitere Kinder in den Zimmern gezeugt werden. Neben einem möblierten, durchschnittlich 24 Quadratmeter großen 1,5-Zimmer-Appartment mit Küchenzeile, Bad und Balkon erhalten die Bewohnerinnen Geld für Kleidung, Nahrung und Windeln, um für sich und den Nachwuchs sorgen zu können.

Kritik an der guten Ausstattung

Mittlerweile gibt es Wartelisten für die Betreuungsplätze. Durch diese Veränderungen konnte laut Heidi Nagler die Zahl der Kinder, die in Pflegefamilien gegeben werden mussten, deutlich verringert werden. Jedes Mädchen und jede Frau hat eine eigene Bezugsbetreuerin, die sich intensiv kümmert. Schulische und berufliche Perspektiven werden gefördert, die Mütter werden in der Pflege, Ernährung und Erziehung ihres Kind angeleitet und dürfen zwei Mal die Woche abends ausgehen, während das Kind gehütet wird.

Angesichts dieser Leistungen äußerten einige Vertreterinnen des Lions Clubs Kritik beim Rundgang durch das Haus. „Sie bieten den Mädchen einen Standard, von dem so mancher Student nur träumen kann“, sagte eine Teilnehmerin, die nicht namentlich genannt werden wollte. „Ich finde das skandalös, Sie verwöhnen die Frauen“, ergänzte sie.

Die Heimleiterin Heidi Nagler erklärte daraufhin, dass es wichtig sei, den Frauen Raum zur persönlichen Entfaltung zu geben. „Wir wollen den Frauen zeigen, dass sie auch in einem positiven Umfeld leben können“, erläuterte Nagler. Aufgrund der wechselnden Bewohnerinnen, die im Schnitt ein bis zwei Jahre die Apartments nutzen, müssten die Einrichtungsgegenstände eine gute Qualität haben. „Wenn wir Billigprodukte verwenden würden, müssten wir bei jedem Auszug neue Möbel besorgen“, sagte Heidi Nagler.

Die Spende des Lions Clubs möchte das Paulusstift für die Einrichtung eines Gemeinschaftsraumes inklusive Couch, Sitz- und Leseecken verwenden. „Unser Ziel ist es, die Mädchen und Frauen auf eine eigenständige Lebensführung außerhalb des Heims vorzubereiten“, so Nagler. Dazu gehöre auch das Beisammensein mit den Mitbewohnerinnen. In diesen Räumen sollen sie positive Beziehungen knüpfen und soziale Kompetenzen für ein Leben außerhalb des Heims erlernen.